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Dramen, die das Leben schrieb Sachbücher

Reiseführer des Monats

Thomas Neuhold: Salzkammergut. Orte der Erinnerung. Verlag Anton Pustet: Salzburg 2024. 86 Seiten. Faltplan beigelegt.

Hat Joseph Goebbels selbst auch in der Villa Roth am Grundlsee Urlaub gemacht oder nur seine Frau und Kinder, die später allesamt im Führerbunker sterben sollten? Auf welcher Alm im Toten Gebirge wollte sich SS-Scherge Ernst Kaltenbrunner im Mai 1945 vor den Alliierten verstecken? Und in welchem Ort im Salzkammergut wurde sein Schulfreund, der Holocaust-Organisator Adolf Eichmann, aufgegriffen?

„Standard“-Journalist Thomas Neuhold hat mit dem Buch „Salzkammergut. Orte der Erinnerung“ einen Reiseführer zusammengestellt, der mitten in den Irrsinn der Vergangenheit, Außenstelle Alpenfestung Nord, führt. Der Schwerpunkt liegt auf der Nazizeit, auch wenn sich das Buch nicht darauf beschränkt.

30 Orte, Personen und Erinnerungsstücke sind im Buch in aller Kürze beschrieben und laden ein, die Region der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 rund um Bad Ischl mit anderen Augen zu sehen. Hier wurde fatale Weltgeschichte geschrieben: Kaiser Franz Joseph hat  die Kriegserklärung an Serbien anno 1914 in seiner Villa in Bad Ischl unterzeichnet. Am Ende des Buches, nach einer Gewalttour durch Antisemitismus, KZ-Außenstellen und bewaffnete politische Kämpfe, wird auch an jene Menschen erinnert, die im Dritten Reich Widerstand leisteten, darunter Resi Pesendorfer und Marianne Feldhammer. Die beiden Ischler Frauen waren wesentlich an der Versorgung des Partisanenlagers „Der Igel“ beteiligt, das sich eine Handvoll Widerstandskämpfer nördlich vom Loser eingerichtet hatte.

Mit der beigelegten Karte lassen sich die „Orte der Erinnerung“ im Salzkammergut recht leicht auffinden, z. B. das Denkmal für den Gendarmen Kurt Gruber in Ebensee, dem der jüngste Eintrag gewidmet ist. Gruber kam 1963 beim Versuch, die Bombe einer italienischen Terrorgruppe zu entschärfen, ums Leben; zwei seiner Kollegen wurden schwer verletzt. Die Ebenseer Bomben – drei an der Zahl – waren als Vergeltung für die Südtiroler Bombenanschläge der frühen 1960er gedacht.

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