Malarina: „Serben sterben langsam“
Malarina, die gebürtige Serbin, die in Tirol aufwuchs, war einer der Shooting Stars des heimischen Kabaretts in den vergangenen zwei Jahren. Hosea Ratschiller, der es wissen muss, hat sie uns nachdrücklich empfohlen. Und in der Tat: Ihr Programm „Serben sterben langsam“, immer wieder frisch aktualisiert – zum Beispiel mit hübschen Nehammer-Einlagen –, ist grandios.
Der Abend im Theatercafé beginnt als Geschichtsstunde. Erste Lektion: Das angespannte Verhältnis zwischen Österreich und Serbien. Franz Ferdinand und Sarajevo, Sie wissen schon. Spätestens seit dieser Zeit sind die Serbinnen und Serben auf der europäischen Beliebtheitsskala eher so lala, sagt Malarina. Es kommt aber noch schlimmer. Die Nazis kommen. Und als sie wieder weg sind, bildet sich Jugoslawien, ein Konstrukt, das mit zunehmendem Alter immer fragwürdiger wird. Am Ende verabschieden sich die Kapitalisten aus Slowenien und Kroatien. Kapitalisten sind sie, sagt Malarina, weil sie Kapital haben. Für die Serben hingegen reicht es noch nicht mal zum Titel der weltweit unfreundlichsten Stadt. Dabei ist Belgrad doch viel grantiger als Wien, wie Malarina anhand von schönen derben Fick-dich-Flüchen beweist.
Ach, die Umlaute
Und während die „Gastarbeiter“ aus Serbien noch fleißig Ü, Ä und Ö üben, um sich zu assimilieren, kommt endlich einer, der das Balkan-Volk wirklich zu mögen scheint. HC Strache ist da und wittert eine neue Zielgruppe, um die sich bisher niemand gekümmert hat. Die Liebe wird heftig erwidert. Es gibt Serben-für-Strache Parties, Grillabende, ja sogar Poetry Slams.
Nur: Statt mit seinen serbischen Fans auf Urlaub nach Bulgarien zu fahren, musste es ja unbedingt Ibiza sein. Die fatalen Folgen sind bekannt. Und die serbische Community in Wien steht wieder ohne Schutzherrn da.
Malarina mischt in ihrem Programm gesellschaftspolitische Analysen mit klassischen Wuchteln aus einer ungewohnten Perspektive. Sie bringt eine Frau auf die Bühne, die sich selbst als Außenseiterin begreift, sich aber in jeder Phase zu wehren weiß. In dieser Prägnanz und Treffsicherheit hat diese kabarettistische Underdog-Haltung zuletzt vielleicht der frühe Resetarits geschafft. Aber auch der große Qualtinger läge als Vorbild nahe.
Schwabo + Zwiebel – Umlaute
Auf der Bühne wirkt das Geschehen übrigens nicht so schnell und aggressiv wie bei Fernsehmitschnitten. Malarina lässt sich Zeit bei der Entwicklung ihrer Figuren. Neben der rechtslastigen Serbin ist das auch der alte Milan, der immer wieder warnend auftaucht. Am Ende geht es natürlich noch um den gefallenen Stern Basti, um den als Kanzlerdarsteller rasch wieder vergessenen Schallenberg und um den Mann mit dem eisernen Kiefer, Charly Nehammer.
„Klug und hochgradig amüsant“, meinte das profil. Das kann man nur vehement unterstreichen. Selbst für den Fall, dass man Kabarett gar nicht besonders mag: Dieser Abend lohnt sich wirklich von der ersten bis zur letzten Sekunde.
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Noch zu sehen am 15. und 16.11.2023 – 20:00 im
Grabher-Haus (Fürstenfeld – ST)
Kulturzentrum Leibnitz (Hugo Wolf Saal) (Leibnitz – ST)