Kategorien
Festivals Interviews Künstler/innen Musik

Interview des Monats

Der Mann ist als Musiker eine internationale Größe. Als Künstlerischer Leiter eines Festivals ist er hingegen noch so etwas wie ein Newcomer. Wir haben Markus Schirmer über sein Festival ARSONORE befragt, das heuer von 6. bis 10. September in Graz über die Bühnen geht. Das erstaunliche Motto in Zeiten wie diesen? “Very british”.

Ihr habt 2015 begonnen, das lief eigentlich recht gut an. Dann kam fünf Jahre später die Pandemie. Wie schwer war es, gerade auch bei einer eher klassischen Zielgruppe, da durch zu kommen?

Markus Schirmer: Ich habe weit Schlimmeres befürchtet. Es war schön zu sehen, wie uns das Publikum die Treue gehalten hat. Wir hatten natürlich einen kleinen Knick nach unten, aber es war nicht dramatisch. Offensichtlich haben wir etwas Spannendes gezeigt, das hilft, den Alltag hinter sich zu lassen.

Du nennst euer Festival „eines von Österreichs spannendsten und innovativsten“. Wie begründest du das?

Schirmer (lacht): Wir gehen einen etwas anderen Weg, weil wir ein bisschen frech sind und Dinge tun, die man anderswo nicht hören kann. Weil wir uns auch Raritäten vornehmen. Dargeboten von interessanten Künstlerinnen und Künstlern. Dazu setzen wir auch ganz junge Leute ein. Das macht das Ganze ungewöhnlich. Ich bekomme ja Dutzende an Schreiben, in denen man mir Programme vorschlägt. Zuletzt hab ich bekommen: Fagott und Flöte, einen ganzen Abend lang, das ist ziemlich schlimm. Wir haben keine eingekaufte Stangenware, die man danach auch anderswo hören kann. Wir konzipieren Sachen, die man nur bei uns bekommt.

Was hast du in den ersten Jahren als Veranstalter gelernt, das dir als Musiker vorher nicht so klar war?

Es gibt natürlich Dinge, bei denen man sich irrt. Vor allem logistisch. Man muss bedenken, wie es ist, ein Cembalo von der Bühne zu schleppen, weil zwischendurch zu wenig Platz ist. Oder wie der ORF, der ja mitschneidet, mit einem Wechsel der Besetzung umgeht. Also habe ich gelernt, auch logistisch verantwortungsvoll zu handeln.

Heuer lautet das Motto „very british“ und das in Zeiten, in denen sich die Insel vom Festland abwendet. Wieso dieses?

Das war eine kuriose Idee. Gustav Holsts “Planeten” standen mal im Zentrum. Da gibt es eine ganz tolle Version für zwei Klaviere. Es gibt nichts Schöneres als dieses Monumentalwerk im Planetensaal aufführen zu lassen. Dann habe ich mich erinnert, dass ich von Vaughan Williams ein Werk gespielt habe, das so gut wie niemand kennt. Das ist in der Besetzung wie das Forellenquintett mit Kontrabass, nicht oft zu hören. Dann haben wir verschiedene andere Dinge gefunden. Wir werden heuer zum Beispiel am zweiten Abend zwei Versionen von “God Save The King” spielen.

Der Planetensaal im ausklingenden Sommer ist für unsereinen schon eine Herausforderung. Was macht diesen Ort für dich so wichtig, dass er regelmäßig bespielt wird?

Es ist ein magischer Ort. Wir haben das Glück, dass wir eine der wenigen Veranstaltungen sind, die da überhaupt hinein dürfen. Für Kammermusik ist es der ideale Saal. Atmosphärisch in Kombination mit den Instrumenten ist das etwas Wunderbares.

Gut ist auf jeden Fall eure Nachwuchsförderung. Warum setzen andere Festivals und Orchester so selten auf Talente aus dem Umfeld der Kunstuni Graz?

Die KUG ist für mich ganz wichtig, weil es dort viele präsentable Höchsttalente gibt. Das sieht man nicht oft. Das Schöne ist, wenn man herausragende junge Leute bei einem professionellen Festival präsentieren kann. Es springen schon ein paar Veranstalterkolleginnen und -kollegen auf diesen Zug auf. Aber für mich ist es immer ein Markenzeichen gewesen. Wir haben auch heuer wieder hervorragende junge Leute dabei.

Ihr habt zwar bei den auftretenden Künstler*innen fast 50:50 Männer und Frauen, aber bei den Komponisten, die ihr aufführt, muss ich gar nicht gendern. Ich hab keine einzige Frau gefunden, noch nicht mal bei BaROCK! – liegt natürlich nicht nur an dir, aber wird sich das nicht schön langsam ändern?

In der älteren Musik, sagen wir bis zur Romantik, gibt es leider wenig. Jetzt in der zeitgenössischen Musik gibt es interessante Komponistinnen, aber sonst ist es schwierig. Es gibt zwar immer wieder Werke von Frauen, aber es muss dann ja auch zum Programm passen. Ich kann generell an diesen vier Tagen nur einen winzigen Bruchteil überhaupt vorführen.

Was muss man heuer gesehen haben, das nicht eh offensichtlich als Highlight erkannt wird?

Was soll ich sagen… Der erste Abend ist kurios. Weil wir nur zwei Klaviere haben, aber vier bis fünf Pianist*innen. Der zweite Abend mit Cornelius Obonya ist eigentlich der einzige Programmpunkt mit Kammermusik. Der Barockabend mit der Verbindung zum Pop ist auch spannend. Ich weiß ja nicht, welches Publikum da eher kommt. Und der Abend mit den Jungen ist auch interessant. Da gibt es lauter Raritäten. Zumal der großartige Wolfram Berger Charles Dickens liest.

***

Infos & Tickets: arsonore.at
Foto: ARS23, Markus Schirmer, © Werner_Kmetitsch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert