„Ein Sommernachtstraum“. William Shakespeare im Schauspielhaus Graz
Wenn ein mächtiger Mann bestimmen will, wer seine Tochter zur Frau bekommt, dann sind wir entweder in einer uns fremden Kultur oder in einer uns fremden Zeit. Meister Shakespeare aber machte einst daraus mehr als „nur“ ein Beziehungsdrama. Der Sommernachtstraum ist bis heute deshalb so beliebt, weil er ein ernstes Thema mit viel absurder Komik verbindet und sich dabei an zahlreichen Stoffen und Elementen aus der Literaturgeschichte bedient. Nacherzählen muss man dieses Stück wohl nicht. Aber betonen könnte man, dass Regisseur Markus Bothe am Grazer Schauspielhaus einerseits behutsam mit dem Text umgeht, andererseits aber auch ordentlich auf die Pauke hat. Es geht vor allem vor der Pause deftig zu und so lustig, dass man aus dem Lachen kaum mehr herauskommt. Ganz ehrlich: Wann hatten Sie das zuletzt im Theater?
Das Schauspielhaus ist an diesem Abend gut gefüllt mit Stammpublikum, aber auch mit jungen Menschen, wohl eine Art Schulexkursion. Zumindest die ersten 90 Minuten dürften auch ihnen sehr gefallen haben, danach wurde es vielleicht ein klein wenig zäher. Hilft nichts, die Verwirrungen und Irrungen, die vor allem Florian Köhler als genialer Puck angerichtet hat, müssen eben wieder aufgelöst werden. In Summe bleibt es inklusive Pause bei vergleichsweise schlanken 2 Stunden 30.
Was man in der bald schon ausklingenden Ära Iris Laufenbergs als neutraler Beobachter feststellen kann, wenn nicht sogar muss: Das Schauspielhaus hat mittlerweile eine Qualität im Ensemble, die keine Schwachstellen kennt. Ob alt (Gerhard Balluch) oder jung (Lukas Walcher, Daria von Loewnich…), es ist eine Freude, den Damen und Herren dabei zuzusehen, wie sie von diesem Sommernachtstraum verzaubert und durch die Handlung geschleudert werden. Da sitzt jede Pointe, jede Geste, selbst die Wand (Franz Solar) wird fast schon zur Protagonistin. Eigentlich sollte man niemanden aus der Truppe herausstreichen, es bekommen am Ende auch alle ähnlich viel Applaus. Aber vielleicht sollte man neben Köhler doch Mathias Lodd als Oberon und Theseus besonders loben sowie seine Gegenspielerin Vera Bommer als Titania und Hippolyta.
Auch die Bühne von Robert Schweer, die Kostüme von Anna Brandstätter, der Sound von Sandy Lopicic und Lukas Lechner-Heschl, das Lichtdesign von Viktor Fellegi sollten hier erwähnt werden. Mit großen Kartons, jeder Menge Verpackungsmaterial, einem intensiven Einsatz der Drehbühne und optischen wie akustischen Effekten ist dieser Abend auch für die Generation Netflix eine sehr spannende Angelegenheit.
Und sogar spontan ist man mittlerweile. Die Premiere musste ein wenig verschoben werden – auch an dem von uns besuchten zweiten Abend war Sarah Sophia Meyer als Helena noch nicht fit und wurde durch Evamaria Salcher ersetzt. Die bekam durch ihren nur geringfügig mit Textbuch unterstützten sehr souveränen und hinreißenden Auftritt sogar besonders viel Applaus.
Heißt: Für Theaterfans jeden Alters nachdrücklich empfohlen.
weitere Vorstellungen in nächster Zeit am 30. April sowie am 4., 5., 6. und 7. Mai, jeweils 19:30 Uhr, HAUS EINS. Karten und Infos hier.
Regie Markus Bothe Bühne Robert Schweer Kostüme Anna Brandstätter Sounddesign Sandy Lopičić, Lukas Lechner-Heschl Lichtdesign Viktor Fellegi Dramaturgie Jan Stephan Schmieding, Elisabeth Tropper Theaterpädagogik Marcus Streibl-Harms
mit Gerhard Balluch, Vera Bommer, Oliver Chomik, Florian Köhler, Frieder Langenberger, Alexej Lochmann, Mathias Lodd, Daria von Loewenich, Raphael Muff, Clemens Maria Riegler, Evamaria Salcher, Franz Solar, Lukas Walcher
Foto: Karelly, Lamprecht 2022