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Tonträger des Monats Mai / INT

SOPHIA KENNEDY: “Monsters”, City Slang VÖ 7. 5. 2021

Mrs. Kennedy stammt aus Baltimore, lebt aber in Hamburg. Das amerikanische Erbe, der europäische Einfluss, all das mischt sich auf der Platte genauso wie die Stimme mit allerlei digitalen und analogen Sounds. Die Platte reicht von Gospel- und Soul-Elementen bis zu Electro und Rap, es sind viele Welten, die in diesen 13 Songs angespielt werden. Die “Monsters” haben Schwung und etwas ganz Abgezocktes, sie sind subtil und hauen gleichzeitig ordentlich auf den Putz. Nachdem das Debut von Mrs. Kennedy anno 2017 schon gewaltig eingeschlagen hat in der Szene, sind wir nun gespannt, ob das Album die Aufmerksamkeit kriegen wird, die es verdient. Es ist nämlich DIE Frühlingsplatte des Jahres. Ein unheimlich geiles Ding.

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MARIANNE FAITHFULL WITH WARREN ELLIS: “She Walks In Beauty”, BMG VÖ 30. 4. 2021

Oh, da haben wir aber was wirklich Außergewöhnliches. Die Grande Dame der britischen Popkultur, Marianne Faithfull, liest Poesie von Shelley, Keats, Byron, Wordsworth, Tennyson und Thomas Hood. Die Musik kommt von Warren Ellis, den wir erst vor wenigen Wochen hier mit einem Album lobten, das er gemeinsam mit Nick Cave produzierte. Ellis nahm die Tonbandaufnahmen von Faithfull und vertonte sie NICHT im herkömmlichen Sinne. Vielmehr ist Musik und Sprache ein Nebeneinander, für Ellis war es nur wichtig, dass “es sich nicht im Wege stand”. Mitgewirkt hat auch PJ Harveys Produzent Head, der das alles einfädelte. Cave, Brian Eno und Vincent Ségal hatten ebenfalls ihre Finger im Spiel. Beinahe wäre die Geschichte zur posthumen Würdigung geworden, denn Faithfull erkrankte kurz nach den Aufnahmen an Covid-19 und es ging ziemlich knapp her. Wir sind froh und erleichtert, dass es nicht so weit kam und dieses Meisterwerk nun endlich vorliegt. Es ist eine Platte, die Dimensionen sprengt. Eine Platte, die man 2021 sicher nicht erwartet hätte. Eine Platte, die Balsam für die Seele ist.

Foto von Marianne Faithfull und Warren Ellis: © Rosie Matheson

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MATT SWEENEY & BONNIE ‘PRINCE’ BILLY: “Superwolves”, Domino Records VÖ 30. 4. 2021

Und gleich noch eine große Paarung: sechzehn Jahre nach “Superwolf”, der ersten gemeinsamen LP von Matt Sweeney und Bonnie ‘Prince’ Billy, sind die beiden Musiker diesmal auf der Suche nach einem ganzen Rudel von Superwölfen. Zuerst arbeiteten die beiden separat, dann wurde zusammengefügt, was sowieso zusammengehört. Es ist das okaye Amerika, das uns hier begegnet, nachdenklich, etwas rau, sehr ausgereift. Kein Wunder, die Herren haben gut fünf Jahre gefeilt, ehe sie vor einem Jahr dann erstmals wieder gemeinsam spielten und vor allem: Sangen, denn die Vocals kräuseln einem die Nackenhaare auf das Angenehmste. Es ist eine wunderschöne und eben sehr amerikanische Platte entstanden. Was wir nun aber tun? Wir warten geduldig bis 18. Juni. Dann kommt nämlich die Vinyl-Version – und das ist uns das Vergnügen wert.

Foto: © JonahFreeman & JustinLowe

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YA TSEEN: “Indian Yard”, Sub Pop VÖ 30. 4. 2021

Nicholas Galanin alias Ya Tseen (eigentlich: Yeil Ya Tseen) ist ein indigener Musiker und Aktivist aus Sitka, Alaska. In seiner Kunst thematisiert er die Geschichte und die derzeitige Situation von Ureinwohnern. So beschäftigte er sich etwa im Rahmen der Biennale in Sydney 2020 mit einer Statue von Captain Cook. Auf seiner Platte vereint er diverse Musikrichtungen wie Soul, RnB oder Hip-Hop. Gastmusiker sind etwa Portugal. The Man oder Shabazz Palaces. “Indian Yard” ist so ein vielseitiges Prachtstück, das sich perfekt anhören lässt, das aber auch zum Weiterdenken einlädt. Eine Anschaffung, die ihr nicht bereuen werdet, und die euch echt abheben wird von der seelenlosen Masse an Spotify-Süchtler*innen. Hier zum Probieren:

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PAPER BEAT SCISSORS: “La Mitad”, Seayou Entertainment VÖ 30. 4. 2021

Tim Crabtree aka Paper Beat Scissors kommt aus dem Norden Englands, lebt aber mittlerweile in Montreal. Geprägt wurde er durch die Musik von Radiohead oder R.E.M. und das sind ja nicht die schlechtesten Einflüsse. Für diesen Longplayer suchte er ausschließlich Songs auf Spanisch aus und wenn man davon absieht, dass die Aussprache natürlich zuweilen die Herkunft des Sängers verrät, ist das ein berührendes und zauberhaftes Album. Es kann so einfach sein: Eine Gitarre, eine gute Stimme, Gefühl. Und Songs, die was zu sagen haben. Für alle, denen nach Sanftmut ist in Zeiten des brüllenden Irrsinns, ist das genau das richtige Geschenk.

 

 

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