WIEN MUSIK 2020, monkey. 2-CD, VÖ 31. 7. 2020
Das ist, man muss das einfach sagen, eine der prachtvollsten Neuerscheinungen des Jahres aus österreichischer Sicht. Und das Schöne dran: Möglich gemacht wurde das ganze u.a. durch Crowdfunding. Und weil wir vom Haubentaucher uns auch beteiligt haben, haben wir eine CD mit Voodoo-Autogramm. Ätschbätsch.
Jedenfalls: Die zwei Scheiben sind randvoll mit coolen, harten, lässigen, berührenden Perspektiven auf Wien. Der Voodoo fängt an, gleich dahinter Überraschenderes wie Löven, der gute alte André Heller, ein – sorry – sehr geiler Track von Monobrother über “Solodarität” und warum der eine vom anderen einfach eins in die Goschn kriegen MUSSTE. Dann Kreiml & Samurai, sowieso zwei unserer Lieblinge. Der Nino, die Pippa, Sir Tralala – man weiß gar nicht, wo man anfangen und aufhören soll mit dem Schwärmen. Compilations österreichischer (und speziell Wiener!) Musik gab es in den vergangenen Jahren ja einige, aber das da ist wirklich ein Must-have. 43 Wienerlieder aus so gut wie allen Genres, die irgendwie was mit Pop/Rock/Indie zu tun haben. 5 Sterne. Locker.
PETER ZIRBS: “On A Beautiful Day”, EP, Fabrique Records, VÖ 28. 8. 2020
Peter Zirbs ist zugleich wahrscheinlich vielen sehr gut bekannt und dann auch wieder nicht. Man kennt die Songs, wie zuletzt “Wasted” in- und auswendig, hat den Namen des Musikers dahinter aber vielleicht trotzdem nicht parat. Das sollte sich spätestens jetzt ändern. Denn der Wiener ist als Musiker (Schwerpunkt: Electropop), Komponist, Produzent, DJ und Labelbetreiber (Puppengold Records) schon seit den 1990ern über die Bundeshauptstadt hinaus aktiv. Die neue EP bietet außer dem Indie-Hit in spe “Wasted” (siehe Video da unten mit einem leicht derangierten Manuel Rubey in der Hauptrolle) auch spätsommerliche Electro-Kracher mit cineastischem Mehrwert (“The Grand Blackout”) beziehungsweise mit Dancefloor-Potenzial (“On a Beautiful Day”). Sehr sehr lässige Scheibe, die man gern ein bisschen lauter aufdrehen darf. Nicht nur an schönen Tagen!
GEWÜRZTRAMINER: “A bissl übertrieben”, Vinyl / digital / CD, Gewürzrecords, VÖ: 4. 9. 2020
“Ich liebe Dich wegen meines Körpers…”, die Gewürztraminer sind sogar dann hinterfotzig, wenn sie einen anschmachten. Auf der neuen Platte gibt es “getschüüüüte” Wienerlieder gemixt mit Blues, Swing, Jazz, Pop. Das ganze ist in diversen edlen Packages erhältlich mit einer außerordentlich ansprechenden Grafik. In der Basis-Version gibt es elf flotte Songs, die einem den Grant wegblasen. Und das ist sicher nicht übertrieben. Der Auftakt zur verschobenen Tour erfolgte bereits Anfang September in Wien, ab dem 18. 9. gibt es aber noch verschiedene Möglichkeiten, die Traminer live zu erleben. Salzburg, Klosterneuburg, Melk, Steyr… nur Graz fehlt mal wieder auf der Liste ;(
PRATER WG: “Im Leo”, monkey. VÖ 4. 9. 2020
Und gleich noch einmal so was wie Wienerlieder der neuen Generation. Die PRATER WG sind Verena Doublier, Emily Smejkal, Raphaela Fries und Florian Kargl – allesamt haben sie schon in anderen Partien geglänzt. “Die unbekannteste Supergroup des Landes”, nennt das die Plattenfirma zart ironisch. Die elf Songs der neuen gemeinsamen Platte ergeben fast so was wie ein Konzept-Album. Das Konzept? Wiener Gstanzln “zwischen Spittelberg und Handelskai”, ob mit der U-Bahn oder im Automobil. Etwas beschaulicher als die Gewürztraminer, aber genauso geradlinig, bodenständig, mit Traditionen spielend. Die Präsi im Chelsea war dem Vernehmen nach auch als Sitzplatz-Show ein Erfolg. Kurz gesagt: Von dieser Partie wird man sicher noch einiges hören. Hoffentlich auch live im Herbst und Winter.
NABIL FEAT. PRIMUS SITTER: “M’zungu Blues”. Live @ Jazzland, VÖ 18. 9. 2020
Der Nabil heißt im bürgerlichen Leben Alfred Goubran und hat sich in der heimischen Literaturszene einen Namen gemacht. Den Herrn Sitter kennt der Herr Nabil schon aus der Schulzeit. Seit 2010 spielen sie immer mal wieder zusammen und so kam es denn auch zu diesem Projekt, das wie ein Resümee daherkommt und als solches demnächst auch wieder live aufgeführt wird. So halt alles passt.
Zum Mitschreiben: 21. September @ Jazzland Wien, 16. Oktober @ KIK Ried, 25. Oktober @ Theatercafé ChoCho San in Klagenfurt. Wäre nur noch zu klären, was es mit dem “M’zungu” auf sich hat. Es ist dieses ein Wort aus dem Bantu-Sprachraum und bezeichnet “ziellose Wanderer” oder auch einfach weiße Europäer. Es ist nicht unbedingt als Kompliment zu verstehen, aber das halten wir aus. Rauchige, staubige, schöne Platte voll mit edlem Blues, die live sicher noch mal so schön klingt.
GOOD COP: “World Piss”, LP / digital, Cut Surface VÖ 19. 9. 2020
Manchmal hat es ja auch Vorteile, wenn man etwas später dran ist. So kam gerade rechtzeitig noch die Info, dass die wilde Indie-Punk-Meute mit dem zart ironischen Namen Good Cop ihre für das Frühjahr anvisierte Platte nun kommende Woche mehr oder weniger unter dem Radar der Weltöffentlichkeit herauszubringen gedenkt. Seit 2013 machte sich das Trio im Wiener Untergrund einen Namen. 2015 erschien eine Kassette (ja, so was gab es schon vor dem heurigen medialen Tape-Hype). Die Good Cops dreschen und knüppeln nach Herzenslust los, besingen die segensreiche Nachbarschaft, die Grandezza von Business Meetings und die Schönheit des Lebens. Echt? Nein, natürlich nicht. Die Tonalität der Platte ist: Z.O.R.N. – und das alles im wechselnden Tempo zwischen rasender Wut und kaltem lässigem Hass auf das System. Manuela Rabitsch (Drums), Bastian Andorfer und Aaron Dall sorgen so für einen Sound, der sich wohltuend abhebt von jeder allzu poppigen Leichtigkeit. Wer so was wie die Dead Kennedys oder die Ramones mochte, wird das auch haben wollen. Apropos: Das Vinyl ist auf 300 Stück limitiert.