BOB MOULD: „Blue Hearts“, Merge Records, VÖ 25. 9. 2020
Wir beginnen diesmal mit zwei alten weißen Männern. Haben dann aber auch eine junge Lady, die das alles auf den Kopf stellt. Den Anfang macht Bob Mould, den wohl alle mögen, die sich intensiver mit Musik beschäftigt haben. Hüsker Dü, für alle, die jetzt rasch nachgooglen müssen.
Die neue Platte kommt mit einigem Überraschungseffekt daher. Zuerst mal die Themensetzung: „We are going to war, we are going to die!“ Mould hat – und daran kann kein Zweifel bestehen – einen ziemlichen Schleim auf die Lage in den USA. „American Crisis“ heißt eine der 14 Nummern. Andererseits besingt er die Liebe und das Ende davon. Die Tonalität ist in beiden Fällen: Sicher nicht harmonisch. So beginnt die Platte zwar auf die Singer-Songwriter-Art, wird aber schnell zu einem Indie-Rock-Trip der ersten Güte. Hätte man jemandem, der schon 40 Jahre im Geschäft ist, in dieser Form und in dieser Geschwindigkeit vielleicht nicht zugetraut. Aber Mould ist halt auch nicht irgendein Oldie, sondern einer von den wirklich Guten. Ein Album, mit dem du deine Kinder schockrocken kannst.
Foto: Blake Little Photography
THURSTON MOORE: „By the Fire“, Daydream, VÖ 25. 9. 2020
Legende Nr. 2 folgt sogleich. Moore, der alte Heroe aus Sonic-Youth-Zeiten ist ebenfalls wieder da, aber er war eh nie weg. Das hier ist sein siebentes Solo-Album und man kann nicht behaupten, dass man nicht genau hören würde, wo der Mann sein Metier gelernt hat. Dass ihn einst der Rolling Stone als einen der 100 besten Gitarristen aller Zeiten gereiht hatte, allerdings auf Platz 99, mag vergessen sein. Ein Großmeister ist Moore sowieso für immer. Er ist zur Ruhe gekommen, so scheint es – aber eh nur bis zur zweiten Minute des zweiten Songs. Dann geht es nämlich nicht mehr so schaumgebremst dahin. Letztlich ist es ja doch: Indie-Rock, Baby! Aber mit einem Haufen versteckter Hinweise auf Rimbaud und Konsorten. Und nur so am Rande: Der besagte zweite Track hat ein dezentes Format von 10 Minuten 48, ist damit aber bei weitem nicht der längste auf dem Album. Moore hat schließlich gemeinsam mit seinem kongenialen Text-Partner Radieux Radio eine Mission: Es geht ihm, so sagt er, nicht primär um Musik als Mittel des Protests, sondern als Möglichkeit der Heilung. Ein umwerfendes Ding, nicht nur für Retro-Fans.
PREACH: „Likör“, Problembär Records, VÖ 25. 9. 2020
Preach kommt aus Hamburg und macht R’n’B, der auf den ersten Blick süß und hochprozentig daherkommt, aber am Ende nicht ohne Bitterstoffe auskommt. Das beginnt mit „Like“, wo Liebe und Gefolgschaft in Zeiten von Insta thematisiert wird. Und so geht es weiter durch den Großstadthinterhofgemeinschaftsgarten. Preach bedient sich des genretypischen Vokabulars, fügt aber stets eine Note bei, die den lässigen Boys zu schaffen machen dürfte. „Guck, tanz, aber nerv mich nicht!“ Nur vordergründig unschuldiger Soul mit einem „Happy End wie bei den Brüdern Grimm“. Einer der schöneren Songs von insgesamt zehn starken Stücken läuft da unten in Wort und Bild:
Live gibt es die Lady demnächst in:
17. 9. 2020 Zürich @ Gessnerallee (als One Mother)
18. 9. 2020 Wien @ Club U / Wienwoche
20. 9. 2020 Berlin @ Alvozay Festival