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Buch des Monats

Krimi des Monats: Kopftuchmafia

Thomas Stipsits: “Kopftuchmafia. Ein Stinatz-Krimi”, ueberreuter 2019

Der gebürtige Steirer und Semi-Burgenländer Stipsits ist einer der sympathischsten Menschen in Österreichs Kulturszene. Behaupten wir einfach mal so, ohne ihn je getroffen zu haben. Außerdem ist er ohne jeden Zweifel witzig, selbstironisch, ein großartiger Schauspieler und Kabarettist. Und weil er sicher den alten Stromberg-Spruch kennt: “Zu viel Kompetenz macht unysmpathisch”, hat er sich beim Schreiben in Sachen Genialität noch ein bisschen Luft nach oben gelassen.

Keine Frage: Sein burgenländischer Krimi samt einer dezenten Hommage an Columbo ist spannend. Am Tag der Hochzeit verschwindet die Braut. Und wird wenig später tot aufgefunden. Ihr gerade erst Angetrauter ertränkt seine Trübsal in Fusel und dann hat er unglücklicherweise doch noch einen zweiten Autoschlüssel dabei.

Inspektor Sifkovits, genannt Schiffi, ermittelt – und zwar ohne Dienstwaffe – in seiner unmittelbaren Heimat. Er ist leicht verschroben, isst für sein Leben gerne, wenn er Alkohol konsumiert, dann ist es Uhudler-Likör, und sein Vorgesetzer hält ihn nur sehr schwer aus. Die einzige wirkliche Parallele zum berühmten Columbo ist die etwas bemühte Angewohnheit des Ermittlers nach dem Ende einer Befragung doch noch etwas wissen zu wollen. Stipsits gelingt es dabei, das Leben in der burgenländischen Provinz sehr plakativ zu zeichnen. Die alten Frauen mit den Kopftüchern sitzen im Freien und halten ein Palaver ab. Die Männer hocken unweit davon und geben sich dem Frühstücksbier hin. Der Wirt geht ganz komisch. Die Schwester des Inspektors ist eine bodenständige, kräftige und tendenziell schlecht gelaunte Person. Aber echt: Es war an der Zeit, dass Stinatz nach STS endlich wieder auf die kulturelle Landkarte kommt.

Alles wie gesagt sehr schön. Nur die Sprache hält da nicht mit. Man möchte dem Autor zwischendurch gerne zuflüstern: “So redet doch niemand im echten Leben!” Vielleicht der Dr. Farkas, der schon. Aber die anderen Figuren wirken ziemlich hölzern oder gestelzt, sobald sie den Mund aufmachen. Und was am meisten abgeht, ist der Witz, den Stipsits auf der Bühne so wunderbar in Szene setzt. Wie gesagt, da ist noch Entwicklungspotenzial für den nächsten Anlauf, vielleicht muss man sich für einen wirklich guten Krimi einfach auch mehr Zeit nehmen als zwischen zwei Kinofilmen und sonstigen Auftritten auf die Schnelle einen Bestseller hinzuknallen.

Sollen Sie den Krimi nun lesen? Aber ja. Müssen Sie das Buch unbedingt kaufen? Eher nein. Dürfen wir gespannt darauf warten, dass Thomas Stipsits beim nächsten Mal alles richtig macht? Sicher.

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