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Interview des Monats: Dero & Klumzy

Dero & Klumzy: “For the Record”

Dero und Klumzy, das sind ein Grazer und ein Brite, die seit mittlerweile 11 Jahren gemeinsame Sache machen und Presse sowie Publikum rasch überzeugten. Das eine oder andere Video erreicht da schon mal sechstellige View-Zahlen auf Youtube. Und Songs wie “Countless Sheep” haben ohnehin Musikgeschichte geschrieben. Das neue Album, das passenderweise “For the Record” heißt, steht in den Startlöchern und wird hier vorgestellt. Logo.

Man darf vorweg nehmen, dass es bei uns derzeit in Dauerschleife läuft, ebenso wie die EP, die vergangenes Jahr zum runden Geburtstag der beiden erschienen ist. Ende September besuchten Dero und Klumzy nun den Haubentaucher zum Exklusiv-Interview.

Wo habt ihr euch eigentlich kennengelernt?

Klumzy: In Graz. Wir haben uns über Beardyman kennengelernt, einen Beatboxer. Dero machte bereits Tracks und suchte einen englischsprachigen MC.
Dero: Ja, ich hab seine Stimme gehört und das hat mir gleich gefallen. Wir haben dann gemeinsam drei Tracks aufgenommen, die nie veröffentlicht wurden. Dann sind wir nach Schladming gefahren, um Snowboard zu fahren, ein paar Drinks zu nehmen und so sind wir Freunde geworden.

Im Oktober kommt euer neues Album. Was können wir erwarten, wie war der Arbeitsprozess?

Dero: Wir wollten ein dezidiertes Hiphop-Album machen. Wir spielen zwar fast jedes Wochenende irgendwo, aber wir haben eigentlich keine wirklich gemeinsame Platte gemacht bisher.
Klumzy: Als meine Tochter auf die Welt gekommen ist, hat sich mein Leben stark verändert. Ich habe zwar viel gearbeitet, aber nicht viel im Studio aufgenommen. Ich habe früher immer als erstes Twitter und so gecheckt, bevor ich irgendwas anderes gemacht habe. Mit meiner Tochter habe ich das geändert, habe irgendwie noch vor mich hingeträumt, so aber auch an Song-Strukturen gearbeitet.

Wie lange habt ihr am Album gearbeitet?

Dero: Dreieinhalb Jahre. Wir haben Familie, wir treten viel auf und wir wollten auch nichts überstürzen. Wir denken die Sachen gerne durch. Das kann schon etwas länger dauern.
Klumzy: Wir wollten nicht beim Anhören danach denken: “Oh, das hätten wir anders machen sollen”. Mein erstes Album war wie ein glücklicher Unfall, aber diesmal haben wir es wirklich durchgeplant.

Die Platte klingt leicht und optimistisch.

Klumzy: Du hast sie schon gehört?
Dero: Optimistisch ist sehr gut, das wollten wir genau so haben!

Euer neues Video “Roadrunner” zeigt eine fantastische Landschaft. Ich möchte da die Frage eines Youtube-Users aufgreifen, die ihr bisher nicht beantwortet habt: Wo wurde das aufgenommen?

Dero: Ja, ich weiß, ich wollte das nicht gleich aufdecken, sondern die Magie noch länger wirken lassen.

Also: Wo wurde es aufgenommen?

Dero: In Arizona und teilweise in Australien.
Klumzy: Ja und dann auch am Mars und am Mond.

Äh?

Dero: Na, in Kroatien haben wir es gedreht.
Klumzy: In der Nähe von dort, wo Winnetou gefilmt wurde!
Dero: Ja, bei der Brücke von Pag. In jeder Richtung konntest du in einer halben Stunde eine komplett andere Landschaft erleben. Ein Canyon hier, eine Wüstenlandschaft dort, das Meer. Die Filmemacher Jann Doll und Moritz Wehr haben ein super Auge für solche Sachen.

Roadrunner ist eigentlich ein Laufvideo. Seid ihr Jogger?

Klumzy: Ja, ich fahre nie mit dem Auto, ich laufe.
Dero: Du gehst.
Klumzy: Gestern bin ich gelaufen, um den Flieger nicht zu verpassen! Außerdem war ich vor zwei Jahren mal im Fitness-Studio. Hat meiner Schulter aber nicht gut getan.

Der Song “Money speaks” führt mich zur nächsten Frage. Wie lebt man in Zeiten von Spotify und iTunes als Musiker?

Dero: In künstlerischer Hinsicht ist es schwer. Das meiste kommt bei uns wie bei allen bei den Gigs herein.
Klumzy: Plus die Einnahmen, wenn Songs fürs TV verwendet werden und dem Producing.
Dero: Was etwas frustrierend ist: Wie bringe ich meine Musik überhaupt noch unter die Leute? Alle Plattformen sind kommerzialisiert und dann sind da noch die bösen Algorithmen…
Klumzy: Ich weiß noch, wie es sich eines Tages geändert hat. Auf einmal hast du deine Fans auf den Plattformen nicht mehr erreicht. Und dann habe ich den “Promote”-Button gesehen. Für Indie-Musiker ist es seither schwieriger geworden.

Ihr steckt viel Energie in eure Videos. Ist das primär, um den Verkauf der Songs anzukurbeln oder ist euch das künstlerisch wichtig?

Klumzy: Ich denke, es ist beides. Du brauchst heute gute Videos. Andererseits waren sie uns sowieso immer sehr wichtig. Es war vielleicht etwas exzessiv, für jeden Song ein Video zu machen, wie wir das beim letzten Album durchgezogen haben. Aber ich liebe Videos nach wie vor.

“Counting sheep”, ein Song, der fünf Jahre alt ist, wurde damals in England verfilmt. Nun gibt es ein Unternehmen, das euren Song als Werbung einsetzt. Und dieser Spot wurde in Graz gedreht. Wie geht es euch dabei, wenn ihr den Song seht mit einer komplett anderen Geschichte auf der Bildebene?

Klumzy: Ich finde es okay, ich will eh nie zuviel vorgeben, was das Thema des Songs ist. Ich möchte auch nie ganz genau erzählen müssen, worum es in einem Album geht. Max, der die Werbung gemacht hat, war schon lange ein Fan des Songs.
Dero: Es geht um Gefühle und daher kann jeder den Song anders interpretieren. Für Max war das genau die Stimmung, die er für den Spot haben wollte.

Sollen wir über den Brexit reden oder nicht?

Klumzy: Um darüber zu reden, brauch ich noch einen Kaffee. Um es kurz zu machen: Es ist dumm. So dumm, dass die Leute, die für den Brexit gestimmt haben, nun zugeben müssen, wie dumm das war.

Wird das für dein Leben und deine Arbeit als Engländer Konsequenzen haben?

Klumzy: Nein, ich habe da keine Panik. Aber ich habe eine Petition dagegen unterschrieben. Das ist nämlich überhaupt nicht korrekt gelaufen. Die haben viel mehr Werbegeld ausgegeben, als erlaubt war. Dieser Gesetzesbruch ist erwiesen. Und das ist nicht alles: Ich habe zum Beispiel meine Wahlkarte nie bekommen und ich habe eine Freundin in Luxemburg, die hat ihre auch nicht bekommen. Ich denke, vielen Leuten geht es so, die in Europa leben und die wohl gegen den Brexit gestimmt hätten. Ich hatte vor kurzem eine interessante Diskussion in England mit jemandem, der Pro Brexit war und gemeint hat, ich würde mich schämen, ein Weißer zu sein. Dabei habe ich gar nicht über Hautfarbe gesprochen. Aber auch das ist Fakt: Jede Argumentation Pro Brexit dreht sich immer um die Migrationsfrage.

Dero: Mit unserer fantastischen neuen Regierung wird es halt auch nicht einfacher. Ich glaube schon, dass es Reisefreiheit, Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitsvisa betreffen könnte.

Ein Song auf dem neuen Album heißt “Graz London”. Wo ist das Leben denn besser? 

Klumzy: Ich hab drei Jahre in Graz gelebt. Ich bin oft hier. Aber ich ziehe auch alle paar Jahre um. Meine Kinder leben in Leipzig. Meine Eltern in England. Ich mochte es hier, aber es war halt klein. Eines Tages dachte ich mir: Heute machen wir mal was, das wir in Graz noch nie gemacht haben. Und wir gingen durch die Stadt, aber es fiel uns nichts ein. Ich mag es, aber ich musste dann wieder weiter. Ich hoffe, Graz nimmt es nicht persönlich.

Dero: Mit den digitalen Medien ist es einfacher geworden, zusammen zu arbeiten. Vieles vom neuen Album ist außerdem unterwegs entstanden.

Apropos on the road: Was steht denn bei euch demnächst an, geht ihr auf Tour? 

Dero: Wir spielen in Innsbruck open air, dann am 1. Oktober in Berlin und dann kommt unser großer Tag. Am 20. Oktober stellen wir unser Album in der Postgarage vor.

Wie wichtig waren eigentlich die Postgarage und das Parkhouse für eure Entwicklung?

Dero: Das Wichtige sind die Leute, nicht die Location an sich. Die kleine Postgarage war aber sehr cool für uns. Die Butterbar, unsere Veranstaltungsserie, wurde immer größer und wir wechselten in die große Postgarage. Und das Parkhouse war auch entscheidend. Harry, der frühere Besitzer – rest in peace! – war ein guter Freund von uns.

Klumzy: Er liebte uns. Er wollte uns alle 14 Tage buchen. “Kommt doch wieder, kommt doch!” Er zahlte meine Flüge und unterstützte uns in vielerlei Hinsicht.


Die Herren, danke fürs Gespräch!

Für alle, die brav bis hier gelesen haben, gibt es als Zuckerl das fabulöse Video zu “Roadrunner”. Mehr Infos demnächst auf dem Haubentaucher…

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