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Musik

Tonträger des Monats Juli / Int.

HEKLA: “Boulevards” (Digital/CD/Vinyl), VÖ: 15. 6. 2018, Duchess Box Records

Ein Quartett aus Berlin mit zwei schwedischen Sängerinnen, die noch dazu Cousinen sind. Nein, kein Abba-Alarm! HEKLA sind eher im düster-psychedelischen Bereich angesiedelt mit Gitarre und Orgel und auch ein bisschen Klavier. Naja und eben mit zwei Engelsstimmen aus Schweden!

Schön lapidar runtergeschrammelt, wie man es schon in den 1980ern zuweilen konnte (Stichwort The Jesus & Mary Chain). Ob die Welt darauf gewartet hat? Wir wissen es nicht. Aber eines ist sicher: Die 5 Songs machen Lust auf mehr. Wie wärs nach zwei EPs dann 2019 mit einem Album? Und einer Tour, die auch durch Österreich führt?

Beides wird man auf dem Haubentaucher lesen – noch schneller aber womöglich auf diesem Social Media Kanal. 


STUART A. STAPLES: “Arrhythmia” (LP, CD, digital, limited edition mit handgedruckten Hüllen), VÖ: 15. 6. 018, City Slang

Der Mastermind der tindersticks hat nach gut einem Jahr Arbeit ein poetisches Solo-Album in die Welt gesetzt, das reich ist an Wendungen und Seitensprüngen. Sekundenlang vermeint man einen klar musikalischen Pfad zu entdecken, dann erklingt Staples’ Stimme und alles ist wieder ganz anders.

Besonders stark sind die 30 Minuten, die man auf Seite B in den Song “Music for y Year in Small Paintings” investiert. Das Lied ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit 365 Bildern von Suzanne Osborne, der Partnerin in art & life von Stuart A. Staples. Auch als Grundlage für Filmmusik diente “Arrhythmia” bereits.

Wäre nun zum Beispiel ein Festival wie die styriarte ein bisschen lässiger (und zeitgenössischer!) drauf, man könnte sich eine Aufführung dieser Scheibe vor einem aufgeschlossenen Publikum sehr gut vorstellen. So aber wird es Staples damit wohl eher nicht nach Graz schaffen, dafür aber Ende Oktober nach Lyon. Was man dort zu hören bekommt: Definitiv kein Album für Liebhaber von leichter Kost. Für alle anderen aber ist “Arrhythmia” beinahe schon ein Muss.


DIRTY PROJECTORS: “Lamp Lit Prose”, Domino Record Co, VÖ: 13. 7. 2018

Auf der achten Platte erfindet sich die Band rund um Dave Longstreth neu. Gäste wie Syd, Amber Mark und Robin Pecknold sind daran nicht ganz unschuldig. Das Album ist verspielt im schönsten Sinne. Drunter und vor allem drüber. Funky, schräg, von World Music zu Indie Rock geht es in wenigen Atemzügen. Dass die durchgeknallte Welt der Dirty Projectors haufenweise Menschen begeistert, zeigt sich an den Aufrufen des folgenden Videos: Noch vor Veröffentlichung der Platte haben fast 200.000 Menschen “Break Thru” angesehen. Und haben es zumindest großteils offenbar nicht bereut:

LAURA CARBONE: “Empty Sea” (Digital/CD/Vinyl) Duchess Box Records VÖ: 1. 6. 2018

Weil etwas weiter oben bei HEKLA mal kurz der Name THE JESUS & MARY CHAIN gefallen ist, Frau Carbone kennt die Herrschaften weit besser als nur vom Hörensagen. In letzter Zeit war sie mit THE JESUS nämlich ebenso auf Tour wie mit INVSNS und anderen.

Die Wahl-Berlinerin, die extreme Lässigkeit mit Düsternis verbindet, macht Musik, wie wir sie vor allem in den 1990ern geliebt haben (Hole zum Beispiel wäre eine mögliche Assoziation, P.J. Harvey eine andere). Das Album baut auf verzerrte Gitarren, eine (alp)traumhafte Stimme und einen Drive, der seine Energie sicher nicht aus der Sonne bezieht. Aufgenommen wurde die Platte in den USA, ein Detail, das laut Laura Carbone nicht unwesentlich ist: “Es gab Momente in denen ich wirklich an mir selbst gezweifelt habe, da ich mit einige Blockaden zu kämpfen hatte. Mich zum Schreiben nach LA zurückzuziehen, gab mir letztendlich den Mut, dieses Album fertigzustellen”, kann man im Pressetext nachlesen. Der Kampf hat sich gelohnt, die Platte fährt direkt unter die Haut, ins Ohrwascherl, ins Herz. Sehr sehr fein!

MELODY’S ECHO CHAMBER: “Bon Voyage”, Domino Record Co, VÖ: 15. 6. 2018

Im Jahr 2017 erlitt die französische Psychedelic-Meisterin einen schweren Unfall, von dem sie sich glücklicherweise in der Zwischenzeit erholt hat. Zuletzt präsentierte sie auf ihrem Instagram Profil ein Foto mit rosa Babywäsche, was zu allerlei erfreutem Fan-Gekreische führte. Der Account selbst ist übrigens ebenso eigenwillig wie ihr musikalisches Werk. Fünf Jahre nach dem Debüt kommt nun ein Album, das der Pressetext als “kapriziösen Trip” feiert. Zuweilen klingt “Bon Voyage” als würde man zwei Platten zur selben Zeit abspielen. Nennen wir es trotzdem Pop. Aber Pop, der nie schwerfällig daher kommt und es einem trotzdem nicht zu leicht machen will. Pop wie Pop-Kultur. Cineastisch, verträumt, verschroben.

Wichtige Nebenbemerkung: Melody tat sich für diese Reise mit Frederik Swahn von The Amazing und mit Reine Fisk von den schwedischen Psych-Halbgöttern Dungen zusammen. Das Ergebnis ist ein Ausflug in den helldüsteren Märchenwald, wo auf einer Lichtung schon das Schrumpelstilzchen mit einem Präsent im Händchen wartet.  Es ist – Überraschung – eine Schallplatte. Und was für eine!

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