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La Strada Blog 6 / 2017

Compagnie Willi Dorner: „every-one“

In strenger Köstumierung erwarten uns acht Akteurinnen und Akteure vor einer Grazer Schule in einem Bezirk, wo man als Spaziergänger eher selten vorbei kommt. Weiße Blusen, verkehrt herum angezogen. Dazu dunkle Röcke und Schuhe wie aus der Zwischenkriegszeit. Nach einigen Formationstänzen mit und ohne Stechschritt geht es quer durch Siedlungen, Innenhöfe, Garagenplätze. Immer abgeschirmt von der Polizei, die darauf achtet, dass kein automobiler Anrainer die Nerven ob so viel Straßenkunst wegschmeißt.

Die Szenen sind skurril, etwa wenn vor einigen Garagen geturnt und getanzt wird und inzwischen seelenruhig eine Nachbarin ihr Auto in einem dieser kleinen Privaträume reinigt. Oder wenn sich Leute vom Balkon lehnen und fragen: „Wo geht ihr denn als nächstes hin?“ Nun, das Prinzip heißt Überraschung. Und so finden sich immer wieder spannende optische wie soziologische Momente. Vorbei am Laufhaus und dem Mann mit dem recht wild wirkenden Hund hinein in einen streng bewachten Vorplatz einer großen Grazer Firma, wo der Mix aus Musik und Alarm die letzten verbliebenen Mitarbeiter am Freitag abend vor die Fenster lockt. An zwei Punkten „spricht“ die Gruppe auch mit Schildern zum Publikum. Diese werden wechselweise hochgehalten und ergeben letztlich Songtexte wie: „Ich brauche keine Millionen…“

Willi Dorner gelingt es mit seiner Produktion einen fast schon blinden kollektiven Fleck der Stadt in den Mittelpunkt zu stellen. Dorthin zu schauen, wo die Hochhäuser mit bunten Linien behübscht wurden, wo die Satellitenschüsseln und Sonnenschirme auf den Balkonen wuchern, wo die Bewohner sehr intensiv mit Multikulturalität umzugehen gelernt haben (oder vielleicht auch nicht). Ein sehenswertes Stück Tanztheater mit Tiefgang. Noch zu erleben am 5. 8. ab 19.00 an einem Ort, der nur auf den entsprechenden Zählkarten verraten wird. Mehr Infos gibt es im Festivalzentrum und auf www.lastrada.at

Foto: haubentaucher.at

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