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Musik

Tonträger im Juni / international

Cajsa Siik: “Domino”, LP/CD/digital Birds Records Mai 2017

 Der pure Wahnsinn. Die Schwedin hat eine Stimme, die einen in zwei Sekunden gefangen nimmt und nie wieder los lässt. “Domino” ist bereits der dritte Longplayer und dass wir nicht früher von Frau Siik gehört haben, halten wir für eine der großen Ungerechtigkeiten des Euro-Musikbusiness – oder für eigene Betriebsblindheit. Aber jetzt: 8 Songs, die einen verzaubern. Die klingen als wäre Twin Peaks ein beschaulicher Ort in Skandinavien.

Das darf man ruhig Pop nennen, aber es hat immer einen zarten Nebelschleier, eine unerklärbliche Dosis Coolness. NME, die BBC, der Guardian und ein paar andere haben das schon früher erkannt, aber ab jetzt sind wir auch dabei. Und werden uns wohl zusätzlich die beiden Vorgängerplatten besorgen. Großes Kino!

Vita Bergen: “Retriever”, LP/CD/digital Glitterhouse Records VÖ: 02/06/2017

Gleich noch mal Schweden und noch mal Pop mit cineastischer Atmosphäre. Vita Bergen sind in ihrer Heimat schon eine fixe Größe – und das obwohl erst 2014 die erste EP und 2016 die erste LP erschien. Sie standen bereits an der Spitze der nationalen Charts, spielten in Deutschland, Spanien, der Schweiz und in Skandinavien ausverkaufte Shows und gelten für viele in der Branche als das nächste richtig große Ding.

Die erste Platte hatte gerade einmal 500 Euro an Produktionskosten verschlungen, mittlerweile geben es die sechs Freunde nicht mehr so billig. Manche reden da zwar noch von “indie” und “underground success story”, aber für uns klingt das schon sehr nach großem Rock-Zirkus á la U2 auf neu gemischt mit Schweden-Pop-Tradition. Wer so was mag, wird dieses hier lieben.

DoublePlusGood: “Like a Fire” Self Release / CD Baby / EP Mai 2017

Kenner dieser Rubrik hier haben sich jetzt bestimmt schon gefragt: In diesem Monat niemand aus Portland dabei? Seid beruhigt, natürlich ist die alte-neue US-Indiemetropole auch dieses mal wieder am Start. Und zwar mit dem gebürtigen Kalifornier Erik Carlson, den es mit seinem Projekt DPG nach Oregon zog. Schon wieder sphärische Pop-Klänge, die in diesem Fall aber weiter in die Vergangenheit schwenken als nur zu Abba und Bono Vox. Die Schlager der 1960er Jahre und der Pop der 80er – und auch ein bissl Pet Shop Boys werden da neu gemixt.

In den vier Songs geht es um die Liebe, die unglückliche zumal. Herzschmerz, gleichgeschlechtlicher Sex und Smartphones spielen eine gleichberechtige Rolle. Das alles in einer hinreißend schwülstigen Stimmung, die einen an klassische und immer leicht abgedrehte Songs wie “Blue Velvet” denken lässt. Derzeit tourt DoublePlusGood durch unsere Lande. Am 9. 6. gastiert er im Röda in Steyr, am 10. 6. im Lendhafen in Klagenfurt. Biiiiiittte schauhauhauhaut euch das an, ihr Romantiker und -innen da draußen.

Maddes: “Tools of no use”, EP Aerostat Records VÖ: 30/06/2017

Zum Abschluss ein Ausflug nach Deutschland. Maddes ist Matthias Roos aus Saarbrücken, der auf dieser EP mit 5 Songs Indie-Gitarrenpop mit Jazz und Electro kreuzt. Sehr entspannte Grundstimmung, fast möchte man das “sommerlich” nennen. Leicht, etwas verspielt, immer aber mit dem sprichwörtlichen Zug zum Tor.

Das ganze entstand überwiegend in Homerecording-Manier, was man ohne Hintergrundinfos nicht vermutet hätte. Ein bisschen Einflüsse von Notwist hört man bei den Gitarren durch. Vielleicht sogar ein wenig bei der Stimme von Maddes. Aber wen das stört, der hat ohnehin einen an der Waffel. Tiefgang sollte man sich hier im übrigen nicht massig erwarten. Aber: Hört sich enorm gut an – und das auch in heavy Rotarion. Nice one, Maddes!

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