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Musik

Tonträger des Monats März

Autonomics: „Debt Sounds“ Rola Music / ab 17. 3. 2017

So wie der weiter unten gelobte Sam Densmore kommen die Autonomics aus Portland / Oregon und auch sie sind keine Mainstreamer, die von ihrer Musik gut leben können. Im Gegenteil: Um sich dieses Album leisten zu können, mussten sie alle Fulltime-Jobs annehmen. Es hat sich gelohnt. „Debt Sounds“ ist erstklassiger Retro-Punkrockindiepop. Die allerbesten Nummern hören beinhart nach 1:30 Minuten auf, wie man es von den legendären Ramones kennt. Die Autonomics verbinden Sounds, die man schon aus den 70er bis 90er Jahren kennt zu einer eigenwilligen wilden bis enorm eingängigen Platte, die textlich ein paar erstklassige Motive enthält.

Warnung: Wer diese Platte in die Hände bekommt, wird sie tage- wenn nicht wochenlang rauf und runter spielen! Anspieltipps: „Brown Liquor“ und „I love you Oprah Winfrey“. „Superfuzz“ schaffte es in die Playlists vieler Indie-Stationen wie FM4. Der vielleicht beste Song des Albums ist aber „Nada Surf Hotel“. Live sind die Autonomics am 24. 3. im Kino Ebensee, am 25. 3. in Wien, am 28. 3. im Grazer PPC, dann in deutschen Städten und am 20. 4. in Linz.

Mile Me Deaf: „Alien Age“ Siluh Records / seit Februar 2017

Mile Me Deaf hatten wir zuletzt 2014 hier größer im Fokus. Die neue Platte, die es anständigerweise auch auf Vinyl gibt, baut stark auf Samples und ist laut Pressetext dem „Posthumanismus“ verpflichtet. Wolfgang Möstl, Mastermind der Band, hatte zuletzt bei heimischen Erfolgsacts wie Voodoo Jürgens und dem Nino seine Finger im Spiel. Nun scheint es, als wolle er einmal etwas gänzlich Anderes angehen. Andererseits sprachen wir schon 2014 von „geräuschvollem Pop von internationalem Format, aber schon eher aus der abgedrehten Ecke“ – und das stimmt heute wie damals. „Alien Age“ könnte ebenso gut aus einer dunklen Londoner Kellerlokalität kommen, ist sehr tanzbar, schräg, immer dann poppig, wenn man es gerade nicht erwartet – aber niemals seicht. Die Erklärung für den neuen Sound: Nach einem Fingerbruch konnte Möstl eine Zeit lang nicht Gitarre spielen und begann sich intensiv mit dem Sampler zu beschäftigen. Zu hören ist auf der Platte vom Traktor und der Zither bis zum Russisch-Kurs und einem Witz aus Ostfriesland irgendwie alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war. In Sachen Text setzt sich Möstl mit dem Aufstieg der Rechtspopulisten und dem sich ausbreitenden Hass auseinander. Extrem coole Platte, die es sich verdient hätte, auch weit über die Grenzen wahrgenommen zu werden.

Falco 60: Sony Music / ab 17. 2. 2017

Der Anlass darf als bekannt vorausgesetzt werden. Um einen Weltstar wie Hans Hölzl gebührend zu ehren, kann man schon mal tiefer in die Schatzkiste greifen. Wahlweise gibt es das Album auf 2 oder 3 CDs oder LPs, die fettere Version dann jeweils mit einigen Extras. Neben ein paar Raritäten (im Sinn von: „noch  nicht im Radio zu Tode gespielt“) finden sich vor allem einige erwähnenswerte Remixe auf „Falco 60“. Ogris Debris, Milo Mills, Ynnox und Parov Stelar haben sich mit Originalmaterial beschäftigt und dabei grosso modo gute Arbeit geleistet. Auch wenn das etwas zerdehnte „Vienna Calling“ von Parov Stelar Hardcore-Falcoianer möglicherweise nicht viel weiterhelfen wird. Dafür kann man den „Kommissar“ in der Version von Ynnox endlich wieder hören. Auf der kostspieligeren Sammler-Edition finden sich außerdem wirklich seltene Stücke, etwa eine Kooperation mit Opus, und Mixes, die man so wohl auch noch nicht gehört hat. Die Hoffnung der Plattenfirma, 2017 möge „ganz im Zeichen des Falken stehen“ halten wir trotz Musical und Sonderbriefmarke für leicht überzogen. Aber für Fans, die gerne möglichst alles besitzen, das ihr Star jemals produziert hat, ist „Falco 60“ ein Muss. Wir hätten uns hingegen ein schrägeres Tribute-Album gewünscht. Heimische Musiker, die sich gerne mit dem Altmeister beschäftigt hätten, wären wohl reichlich aufzutreiben gewesen.

Kommando Elefant: Herz und Anarchie. Las Vegas Records / Universal / ab Feber 2017

Die Zeiten werden härter im österreichischen (Indie-)Musikgeschäft. Die Dichte an guten bis sehr guten KünstlerInnen ist mittlerweile fast schon beängstigend. Klingt komisch? Ist aber nicht als Witz gemeint. Anders als manche Texte von Kommando Elefant. Das neu formierte Quintett war schon ein paar mal richtig richtig knapp dran, blieb letztlich aber doch ein Geheimtipp. Viele werden ihre Songs schon auf FM4 gehört haben, aber das, was man einen „großen Durchbruch“ nennt, spielte es für das Kommando bislang nicht. Daran wird auch diese Platte nichts ändern. Sie verdient vor allem das Prädikat „unique“. Eigenständig, eigenwillig, nicht soo leicht einzuordnen. Und auch nicht so mir-nichts-dir-nichts nebenbei zu verschlingen. Deutschsprachige Texte, die literarische und (selbst-)ironische Qualitäten verraten, dazu Sounds, die von Blumfeld bis zu cheesy Pop vieles offen lassen. Leute, die gerne Musik nebenbei konsumieren, werden damit nichts anfangen können. Aber es gibt ja hoffentlich auch noch andere…

Sam Densmore: „Heavy Mellow Selections 2010-2017“, Buddy Cat Music /ab 3. 3. 2017

Sam Densmore ist der lebende Beweis, das es auch auf die ruhigere Tour geht. Wenn auch der Weg weniger glamourös ist, so kann man ihn als Musiker nach wie vor einschlagen. Man fährt dann halt mit dem FIAT 500 durch die Lande und nicht mit dem großen Band-Bus samt LKW-Flotte wie Sam im Haubentaucher-Interview erzählt. Sein über sieben Jahre gesammeltes Schaffen hier auf einer Platte bringt schöne Gitarren-Sounds, eine geschmeidige Stimme und zehn Songs, die auch R.E.M. gut gestanden hätten. In unserer Gegend kann man Sam noch am 25. 3. in Pöllau und am 26. 3. in Klagenfurt erleben. Der Mann, der schon mit unzähligen Größen der Indie-Szene zusammen spielte, hat mit seinen Heavy Mellow Selections ein abwechslungsreiches Album abgeliefert, das etliche potenzielle Indie-Radio-Hits enthält. Die Frage ist nur, ob FM4 und Konsorten von Songs wie Wide Eyed Tripper Notiz nehmen werden. Hier gäbe es die entsprechende Kostprobe.

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