In seinem ersten Fall beschäftigt sich Chefinspektor Cohn mit dem Mord an Dr. Rothenberg und Haushälterin Frau Woyda in der Kanzlei des Anwalts. Anscheinend ist der mögliche Täter bald gefunden und Cohn bräuchte nur noch Motiv, Beweise und Faktenlage darzulegen, um den blutigen Doppelmord aufzuklären. Doch warum einfach, wenn es spannend auch gehen kann. Denn obwohl der eigenwillige Beamte Cohn problemlos als Langweiler, Spiegeltrinker oder „Steinzeit-Derrick“ durchgehen könnte, überzeugt er langfristig durch kleine Kniffe und neue Facetten in seiner Arbeit im umfangreichen Überangebot der klassischen Kriminalliteratur. Tatsächlich wandelt Cohn anfangs in bekannt erscheinenden Krimigefilden und zeigt wenig Profil – überzeugt aber ab Mitte des Buches durch eigenständige Kommentare und Handlungsüberraschungen. Mögen dem Buch so einerseits die wirklich großen Momente fehlen, entpuppt sich der Gesamteindruck jedoch qualitativ als konsistent und das Werk gleichzeitig als souveräne Erzählung.
Wie sorgfältig Gudrun Smole ihre Detailliebe zum alten Wien unterstreicht, ist deswegen alleine insofern erstaunlich, weil die Akribie zu keinem Zeitpunkt überbeansprucht wird. Wichtig scheint ohnedies die Erkenntnis, dass die Autorin ihre Stärken auch inmitten von Krimiklischees und männlichem Autorenüberhang in diesem Genre ausspielen kann und am richtigen Weg bleibt. Am besten ist Smole immer dann, wenn sie aus typischen Schreibmustern ausbricht und den Hauptakteuren der Geschichte eigenes Leben einhaucht. Insofern könnte dies ein Rezept für Cohns zweiten Fall sein und lässt die LeserInnen gespannt auf eine Fortsetzung hoffen…
Mutig und vielversprechend präsentiert sich auch der Verlag des Werks „TEXT/RAHMEN“ aus Wien. Die Kollegen Uhl/Markovics gründeten diesen jungen, heimischen Verlag und zelebrieren auf ihre Weise den angekündigten Tod des Buches: „Wer wird in Zukunft noch Platz für Bücher haben? Bücher lesen kostet doch so viel Zeit. Das Buch ist doch tot?“
In diesem Sinne: „Death is not the end!“