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Sachbuch des Monats Juli / E

Christoph Miler: “Nowhere Men. Illegale Migranten im Strom der Globalisierung.” Luftschacht Verlag 2015.

Es gibt wohl kaum ein aktuelleres Thema als die Lage von Flüchtlingen aus den verschiedenen Krisenregionen, die in unseren Breiten landen. Der junge Designer Christoph Miler hat allerdings nicht einige Wochen, sondern eineinhalb Jahre dafür verwendet, entsprechende reale Geschichten aufzuzeichnen. Sechs Migrantinnen und Migranten (ob man sie wie im Untertitel des Buches “illegal” nennen sollte, sei hier dahingestellt) hat Miler gebeten, detailliert über ihre Flucht, die Gründe dafür und die Ankunft zu erzählen. Die indische Näherin berichtet über die immer härtere Arbeit in der Fabrik. Die junge Nigerianerin erklärt, warum eine Schwangerschaft unter den falschen Umständen einem Todesurteil gleichkommt. Und ein Iraki schildert, wie er laufend, schwimmend und per LKW den scheinbar so sicheren Westen erreichte.

Diese Passagen stehen unkommentiert da, der Autor greift weder durch Recherche ein noch durch Korrekturen. Als optische Entsprechung, als Erweiterung des Gesagten, dienen allerlei Fotos, Zeitungsausschnitte, Briefe, Originaldokumente und Werbesujets. Die darin wiedergegebenen Informationen erzählen meist eine andere Geschichte, die des zentraleuropäischen Mainstreams und seiner Medien. So entsteht ein irritierendes literarisch-grafisches Gesamtwerk, das zugleich informiert und verstört, das wohl auch die manifesten Meinungen der Leserschaft kräftig durchrütteln will. Ein mehr als interessantes Buch, das sich mannigfaltige Besprechungen und viele viele Leser/innen verdient hätte.

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