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Roman des Monats / national

Martin Amanshauser: “Der Fisch in der Streichholzschachtel”, Deuticke 2015

Da hat sich der Reisejournalist und Schriftsteller Amanshauser ja eine schöne Geschichte ausgedacht. Durch einen gewaltigen Sturm werden ein devastierter Kahn voller Piraten und ein Luxuskreuzfahrtsschiff in unmittelbare Nähe zueinander geschleudert. Die Seeräuber, die offenbar bereits mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel haben, wundern sich nicht schlecht über die seltsamen Sitten und Gebräuche auf dem riesigen “Turm”, den sie teilweise recht intensiv in Augenschein nehmen. Die Gegenseite hingegen glaubt an eine verrückte Gruppe von Rollenspielern geraten zu sein. Insbesondere der von Unterleibsschmerzen geplagte Protagonist Fred versucht inmittten der maritimen Turbulenzen vom Loser zum Helden zu mutieren, was ihm alleine schon deshalb nicht gelingen mag, weil er voller bitterer Selbstironie steckt und von der beginnenden Midlife-Crisis emotional gehörig durchgebeutelt wird.

Amanshauers Buch ist voller Irrwege und komischer Momente, er skizziert messerscharf die degenerierte westliche Gesellschaft der Gegenwart, die Menschen mit ihrem All-inclusive-Denken und ihren omnipräsenten Mobiltelefoncomputerkameras. Am Ende der Geschichte bleibt der Leser einigermaßen verwirrt zurück. Wie war das noch mal mit dem verheerenden Schiffsunglück der Atlantis im Jahr 2015? Eine Einschränkung gibt es freilich auch: Da die Story mit 575 Seiten ordentlich in die Länge ausgewalzt wurde, ist “Der Fisch in der Streichholzschachtel” nur für Menschen geeignet, die gerade jetzt in der Sommerszeit viel Freizeit haben. Allen anderen empfehlen wir als Urlaubslektüre nochmals nachdrücklich Amanshausers Ratgeber “Falsch reisen” mit 100 sehr kurzen Geschichten.

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