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herbstblog 5 / 2014: laut und (un)deutlich

„Der eindimensionale Mensch wird fünzig“. Ein Abend von und mit Robert Stadlober, Andreas Spechtl, Kristof Scheuch (fehlt) und Thomas Ebermann. 

Es hat ja noch nie geschadet, als Besucher/in des steirischen herbsts Soziologie studiert zu haben, besonders aber an Abenden wie diesen. „Der eindimensionale Mensch“ ist schließlich eine Hommage an den deutschen Denker Herbert Marcuse, der die Linke ab den 60er Jahren mit jeder Menge Theorie versorgte und zuweilen sogar gedankliche Ausflüge in die gesellschaftliche Praxis unternahm, wie Thomas Ebermann in seinem Prolog sehr schön herausarbeitet.

30% Theater, 30% Konzert, 40% Philosophie schlüsselt der herbst selbst das auf, was da an gut 2 Stunden geboten wird. Vorweg: Vieles davon wird man als Normalsterblicher nur ansatzweise verstehen, ganz sicher in akustischer Hinsicht, vielleicht auch manchmal intellektuell. Dazu kommt, dass es deutlich menschenfreundlicher gewesen wäre, den zeitlich aus dem Ruder laufenden Auftritt um halb 8 beginnen zu lassen und nicht um halb 10. Aber gut, auch das ist der herbst, man muss sich schon ein bisschen quälen, auf der Bühne und im Zuschauerraum. In jedem Fall ist es beeindruckend, zu sehen und vor allem zu hören, wie der ohnehin immer grandiose Robert Stadlober und sein kongenialer Partner Andreas Spechtl auf der Bühne zwischen Industrial- und Rock-Klängen, repetitiven Poesietexten und sozialphilosophischer Theorie hin und her wechseln. Ältere Menschen dürfen sich dabei aber durchaus auch an die literarischen Annäherungsversuche von Blixa Bargeld und seinen Neubauten erinnert fühlen. Was aus dem umfangreichen Werk von Marcuse dann wirklich hängen bleibt, ist sicherlich individuell sehr verschieden. Beim Autor dieser Zeilen dominiert jedenfalls am Ende die schauerliche Erkenntnis, wie wenig er doch beim Soziologie-Studium gelernt hat.

Um es in Bezug zum heurigen herbst-Motto zu setzen: Adorno hätte das weder geliked, noch geshared, wohl aber ganz sicher kommentiert. Und zwar ausführlich. Tun Sie’s auch. Hier zum Beispiel.

„Der eindimensionale Mensch wird fünfzig“
Noch zu sehen am heutigen Freitag um 21.30 im Heimatsaal. Weitere Informationen unter www.steirischerherbst.at

©Foto/Zeichnung: Richard Wilhelmer / steirischer herbst 2014

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