Michael Köhlmeier: Zwei Herren am Strand. Hanser Verlag 2014.
Üblicherweise besprechen wir hier ja eher selten massentaugliche Neuerscheinungen oder Bestseller, dafür gibt es genügend andere Kanäle. Aber in diesem Fall müssen wir eine Ausnahme machen. Eigentlich wollten wir auch nur recherchieren, ob es stimmt, dass der englische Politiker und Exzentriker Winston Churchill auch Literaturnobelpreisträger war (es stimmt!) und da stießen wir auf das neue Werk von Michael Köhlmeier.
Was soll man sagen? Das ist einfach unglaublich gut erzählt, traurig, spaßig, spannend – alles, was große Literatur braucht. Die Vorgeschichte: Chaplin und Churchill treffen sich auf einer Party, gehen spazieren und lernen die dunkle, depressive Seite des jeweils Anderen kennen. Die Suizidgedanken, animalisch personifiziert im „schwarzen Hund“, prägten die beiden seit Kindestagen. Rund um die Begegnungen des Komikers und des Staatsmannes entwickelt Köhlmeier einen Stoff, der die Leserschaft nicht nur begeistert, sondern wohl auch des öfteren in die Irre führt. Was ist wahr an der Geschichte? Was erfunden? Was frei zusammen gereimt? Oft fragt man sich, woher Köhlmeier das alles wissen kann, dann zitiert er Interviews und Biographien und am Ende stellt sich heraus, dass auch davon so manches seiner Phantasie entspringt.
Der Autor nutzt den Roman daneben auch zu kleinen feinen Analysen, sei es in Sachen englischer Sozialgeschichte, sei es in puncto Hollywood und Filmhistorie. So wird Chaplins Tramp ebenso beschrieben wie das Elend in London in der Vor- und Zwischenkriegszeit, die zuweilen mehr als brutale Journaille in England und den USA oder die parteipolitischen Manöver des Mr. Churchill. Die beiden Freunde mit all ihren Schwächen und Stärken wachsen einem so ans Herz, dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Apropos: Grandios ist auch das Hörbuch, von Autor Köhlmeier selbst vorgetragen. Große Empfehlung!