Andreas Altmann: Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend. Piper Verlag 2011
Deftiger Titel, heftiges Buch. Stellen Sie sich die Texte des Kärntner Autors Josef Winkler ohne gehobene literarische Ansprüche, dafür mit noch mehr Brutalität und Verzweiflung vor – und Sie sind bei Andreas Altmanns Aufarbeitung seiner Kindheit im verlogenen, spießigen, bigotten Altötting. Der dortige Fremdenverkehrsverein hat sich sicher schon schriftlich bei Altmann bedankt für die kostenlose PR. Der Autor ist eigentlich bei uns durch seine ziemlich grandiosen, manchmal etwas altklugen Reisereportagen bekannt geworden und las erst vor kurzem wieder im Grazer Literaturhaus. Dieses Buch freilich bietet keine exotischen Destinationen, sondern nur einen Radius von wenigen Kilometern und eine Härte, die einen bis in den Schlaf verfolgt. Der brutale Vater, die wehrlose Mutter, die wüst geschlagenen Kinder, schön ist das nicht zu lesen – Sie sollten es trotzdem tun. Denn in seiner gnadenlosen Abrechnung mit dem elterlichen Quälgeist gelingt Altmann ein beeindruckendes Buch, das so ganz nebenbei ein schauriges Stimmungsbild der Nachkriegszeit in der Provinz zeigt. Plötzlich sind sämtliche Missbrauchsvorwürfe gegen kirchliche und staatliche Autoritäten, die Opfer zuweilen erst nach Jahrzehnten formulieren können, wesentlich nachvollziehbarer. Kurz: Scheißthema, aber verdammt gut geschrieben.