Rochen und Dingo*
Vorhang. Wir sehen eine Schwimmhalle. Es riecht nach Chlor und feuchter Badekleidung. Eine Horde junger muskelbepackter Sportler mit riesigen Kopfhörern stolpert orientierungslos von links nach rechts. Eine gewissenhaft gefönte Rundfunkreporterin stöckelt durch die Halle auf der Suche nach redefreudigen Interviewpartnern.
Die Reporterin entdeckt einen Star, kreischt erfreut: “Marcus!”
Sportler 1 grinsend: “Ja, Servus Hexi, was geht bei dir, how goes, wie wir in America sagen?”
Reporterin: “Hast Zeit für ein Flash-Interview?”
Sportler 1: “Du flasht mich immer, Schatzerl.”
Reporterin streng: “Gut, wir sind jetzt on air”. Die Stimme wird eine Oktave höher: “Wir haben jetzt bei uns… Marcus Rochen. Herr Rochen, wie fühlen Sie sich so unmittelbar vor dem großen Finale?”
Sportler 1: “Deppat irgendwie. Kopf leer. Body Emotion total, Baby. Voll Power, eh klar. Konzentration. Auf das Wesentliche. Aufs Schwimmen. Hab ich alles im College gelernt, comprende?” Sieht einen Kollegen in der Ferne, brüllt: “He Dingo-Boy, alter Wüstenhund, was geht bei dir?”
Sportler 2 mürrisch: “Herr Rochen, ich hab Ihnen jetzt schon hundertmal gesagt, dass Sie mich nicht anquatschen sollen. Mir soll überhaupt keiner blöd kommen von eurem Scheißverband, verflucht noch mal.”
Sportler 1 zur Reporterin: “Der Dingo, der ist perfekt drauf. Hirn komplett leer. Unterwassertraining, verstehst, ohne Atemholen. Kriegst voll den Tuscher ab, bringt aber etliche Zehntel. Der Wüstenhund ist dermaßen schnell, seit er seine Festplatte gelöscht hat. Geil, das – und die Weiber stehen auch drauf!”
Reporterin: “Echt jetzt? Tauchen ohne Luftholen? Wie lang?”
Sportler 1: “Ein paar Stunden im Idealfall. Kommst wieder rauf, bist komplett gaga. Aber schnell wie ein Weltmeister, ya know?”
Reporterin: “Super, Marcus, glaubst kann man das in anderen Bereichen auch nutzen?”
Sportler 1: “Hey Hexi, are you kidding? Ich hab geglaubt, ihr beim Rundfunk kriegts das Training schon bei Dienstantritt verpasst?”
Geht schallend lachend ab.
Vorhang.
* Idee und Titel verdanken wir gewissermaßen Haubentaucher-Leser Christian H. Mit bestem Dank.