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Tonträger des Monats Dezember / Ö

Vorbemerkung: Der Haubentaucher frisst viel Zeit und Energie. Ganz besonders die Musik wurde hier immer aufwändiger. Für ein No-Budget-Projekt irgendwie ungesund. Und da wir weiter ohne Spenden oder russische Investments auskommen möchten, reduzieren wir hiermit den Aufwand. Und besprechen nur mehr (überwiegend) österreichische Musiker*innen und Bands. Das hat nix mit Nationalismus zu tun, sondern mit dem Status als Blog, als Fanzine, was auch immer. Die Welt braucht keine Besprechungen von uns über die neue Platte von Taylor Swift. Regionale Bands hingegen bekommen oft einfach zu wenig Aufmerksamkeit von Medien. Und solange sich das nicht ändert, machen wir weiter… aber eben schaumgebremst.

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WIEN MUSIK 2022, 2CD, monkey 2022

Wie schön ist es doch, den eigenen Namen im Booklet zu sehen. Nein, wir haben das Doppel-Album natürlich nicht produziert. Nur ein bisschen was ins Crowdfunding investiert. Und es hat sich ausgezahlt. Die Platte, zusammengestellt von monkey-Boss Walter Gröbchen sowie Franz Christian Schwarz, bietet die Creme de la Creme der heimischen Szene auf. Von Rodney Hunter bis zur legendären Band Die Brüder, vom lässigen Xavier Scholz über angesagte Acts wie Elis Noa oder Doppelfinger, hin zu Leuten, die man schon fast als Klassiker der Wien-Musik sehen darf, wie den Nino, Marco Pogo oder Molden, Resetarits, Soyka und Wirth. Es ist dies wohl einer der letzten Songs von Willi Resetarits auf einer Platte.

Was die Zusammenstellung beweist: Wien ist musikalisch längst eine Großstadt und doch gehen all die verschiedenen Szenen irgendwie zusammen. Auch wenn es zwischendurch Reibereien gibt, wie im Booklet beschrieben. 43 Lieder aus Wien, besser wird es heuer nicht mehr. Schenk diese Platte deinen Liebsten!

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WHO CARES? THE BAND: „Nothing to regret“, Lindo Records 2022

Respekt: Die Band gibt es seit 1995 (!). Ab 2018 begann man neben allerlei Cover-Versionen auch eigene Songs einzustudieren. Und jetzt gibt es ein erstes Album. Es klingt ein wenig nach gut abgehangenem Austro-Americana-Liedgut. Also zum Beispiel mit ein bisschen gutem Willen nach Son Of The Velvet Rat. Vor allem erinnert es durchaus gewollt an die großen Vorbilder Dylan bis Waits. Nichts, was man bereuen müsste!

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HE WAS A SHE: „Erdbeerland“, Trauerplatten 2022

Ein handgeschriebener Brief, dazu die CD. Sehr nice. Erdbeeren, so sagt der beigelegte Pressetext, sind zwar fruchtig, aber halt auch schnell mal matschig-gatschig. Erdbeerland, das kann poetisch sein wie die Strawberry Fields der Beatles. Oder doch rural wie der oberösterreichische Akzent, der da zwischendurch rauswill. Auch ein guter Satz aus der PR-Info: „He was a She klingen auf Erdbeerland als hätte Hildegard Knef mit den Magnetic Fields gesungen, dann wieder als hätte Keeley Forsyth mit Element of Crime eine Platte gemacht.“ Getragen, sentimental, aber auch sexy. Diesen Ausflug ins Erdbeerland sollte man ruhig auch zur Winterszeit wagen.

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THE ISOLIERBAND: „The Lost EP“, digital 2022

Der sagenumwobenen steirischen Isolierband rund um Gerhard Neubauer und Wolfgang Pollanz aus den frühen 1980er Jahren wurde zuletzt 2016 mit einem Sampler gehuldigt. Nun gibt es auf den einschlägig bekannten digitalen Plattformen eine EP mit sechs Songs zu hören, die auch im frühen 21. Jahrhundert bestens funktionieren. Irgendwie steirischer Indie-Pop-Jazz-New-Wave-Folk mit viel Poesie drumherum: „Leicht wie ein Kolibri“. Gibts hier und anderswo: Spotify

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LUKAS LAUERMANN: „Interploitation“, col legno 2022

Lukas Lauermann gilt als einer der besten Cellisten des Landes – außerhalb des strikten E-Musik-Kontextes zumal. Er hat schon mit dem Nino gearbeitet, bei Soap & Skin mitgespielt und bei Wanda. Sein drittes Album folgt einem klaren Konzept, die Tracks beginnen mit Buchstaben wie „Fer“, „Ence“, „In“, „Ter“, „Ven“, „Tion“. Das Resultat ist keine winterliche Fahrstuhlmusik fürs Großkaufhaus, sondern eher ein musikalischer Unruhe- und Störfaktor. Es ist ein Remix bereits vorhandener Sounds, entstanden im Gefolge des Dokumentarfilms „Alpenland“ von Robert Schabus. Das hier oft genannte Wort „Kopfkino“ trifft es daher auch gut. Man kann nach dem Hören aber auch sagen: Diese Kunst ist keine Kleinigkeit. Keine Untermalung. Und kein Mitbringsel für Leute, die man zu wenig kennt.

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