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Tonträger des Monats Juni / INT.

WALLIS BIRD: „Hands“, VÖ 27. 5. 2022

Die einzigartige Musikerin aus Irland, die mittlerweile in Berlin lebt, haben wir in Hartberg erstmals live erlebt und seitdem nie wieder aus den Augen und Ohren verloren. Und dennoch überrascht sie uns mit dem Album aber ordentlich, denn die Musik vereint viele Sounds und viele Themen, klingt zwischendurch ganz schön poppig und dann wieder fragil bis brachial, wie es schon auch ihre Art ist. „What’s wrong with changing“ ist hier mehr als nur ein Songtitel, eher schon das Programm für 2022.

Auch wenn die vergangenen Monate für niemanden im „Musikbusiness“ einfach waren, so scheint Wallis Bird doch schön langsam auf der sonnigeren Seite des Seins angekommen zu sein. Preise, Auszeichnungen, viel Lob in der Presse. Aber: Sie hat nicht vergessen, wo sie herkommt, was mit ihr bisher geschah. So nennt sie ihr Album auch quasi im Untertitel „Nine and a half songs for nine and a half fingers“ und nimmt damit Bezug auf einen Unfall als Kind, der ihre linke Hand stark in Mitleidenschaft zog – und dazu führte, dass sie die Gitarre heute anders spielt als die allermeisten Menschen auf diesem Planeten. Es geht in „Hands“ aber nicht nur um Gliedmaßen, sondern auch um Alkohol, Zweifel an sich selbst, Stillstand und Veränderungen an allen Ecken und Enden. All das hat Wallis Bird derzeit gut im Griff, wie es scheint. Das Album sprüht vor Energie und Freude. Es ist eine fantastische Platte, wie ihr hier gleich ansatzweise hören werdet.

Live gibt es Mrs. Bird im Herbst 2022:

6.10. Linz – Posthof
7.10. Graz – PPC
8.10. Wien – WUK

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THE RANGE “Mercury”, Domino Records, VÖ: 10. 6. 2022

James Hinton alias The Range lebt angeblich noch immer in Vermont (andere Quellen reden von NYC) und hat sich für sein neues Album immerhin sechs (übrigens nicht ganz einfache) Jahre Zeit gelassen. Obwohl er erst 33 Jahre alt ist, macht er seit 20 Jahren Musik, wenn die Wikipedia nicht lügt. Er ist – zumindest in Relation zu unsereinem – ein Mathe- und Physik-Genie. Seine Liebe zu a) Elektronik und b) zu einem leicht verschrobenen Faible für Samples führte unter anderem dazu, dass er für seine vorletzte Platte wochenlang Youtube-Clips anschaute, um Sound-Splitter zu finden, die er recyceln konnte. „Mercury“ ist ein ambivalentes Tanz-Monster, das sich einen feuchten Kehricht um Konventionen oder um Trends schert. Zwischendurch haut er ein Brett wie „Urethane“ raus, für das andere wer-weiß-was-tun würden. Eine Wahnsinns-Scheibe für alle. Besonders für Leute, die sich gern bewegen.

Foto: The Range / Elizabeth Weinberg

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DIE LIGA DER GEWÖHNLICHEN GENTLEMEN: „Alleine auf Partys. 18 gewöhnliche ‚Hits'“, Tapete Records, VÖ 1. 7. 2022 

Weil wir gerade bei sehr gutem Geschmack sind und bei so was wie „Tanzbarkeit“. Es gibt in unserem Sprachraum kaum eine Band, die beides besser kann. Style und frische Melodien, dazu abgebrühte Texte, die Legende sind. Ihr merkt es schon, wir sind große Fans. Und: 18 „Hits“ aus 6 Alben und das wiederum aus 10 Jahren: Das MUSS einfach angeschafft werden. Zumal die Tracks sorgfältig remastert wurden und in neuem Glanz erstrahlen. „Ein Leben in Rot“, geht es besser für den Start? Und in der Tonart läuft es weiter. Egal, ob die Gentlemen das dringende Bedürfnis nach Cola besingen oder an Ereignisse aus der lokalen Chronik erinnern, diese Sammlung macht unheimlich viel Freude. Da ließe sich sogar der Aufenthalt auf einer Party ganz allein verkraften, solange nur diese Songs laufen und das Bier gut gekühlt ist.

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JETZT! „Können Lieder Freunde sein?“, Tapete Records VÖ 10. 6. 2022

Wir hatten die Qual der Wahl. Und haben uns für Jetzt! entschieden. Nicht zuletzt, weil die Platte wunderbar auf die Gentlemen drauf passt. Auch wenn es deutliche Unterschiede gibt. Michael Girkes Projekt kommt weitgehend ohne Ironie aus. Er besingt Themen wie den Tod, die Macht, die Langeweile, die Veränderung von Berlin und den Widerstand ohne sich da einen abzukeksen. Gut, bei Songs wie „Es fällt schwer, Dich nicht zu mögen, aber ich bemühe mich“ gibt es schon auch ein Schmunzeln. Zweiter Unterschied: Jetzt! ist „die beste vergessene deutsche Band“ (sagt der Tagesspiegel) und damit noch (?) weitgehend unter dem Radar.

Das könnte sich mit dem neuen, von Thomas Wenzel (Die Goldenen Zitronen, Die Sterne) produzierten Album ändern. Klar, durch diese Tür sind auch schon Blumfeld & Co. gegangen, aber Michael Girke ist es gelungen, eine Platte zu machen, die zeitlos ist, die einen sofort begeistert. Und so dürfen wir freudig verkünden: SOLCHE Lieder können Freunde sein!

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HALEY JOHNSEN: „Goner“, VÖ 10.6.

Sie wurde im schönen Portland geboren, hörte viel Annie Lennox und war Wettkampfturnerin. Und noch wichtiger: Sie hat schon in ihrer Jugend hunderte Songs geschrieben und bisher vier Alben veröffentlicht. Die Lady kennen eingefleischte Haubentaucher-Leser:innen bereits aus dem Jahr 2020. Damals schrieben wir: „…hat eine Weltklasse-Stimme, die einem die Nackenhaare schon nach wenigen Sekunden aufstellt.“

Daran hat sich logischerweise nichts geändert. Die neue Platte ist sogar noch vielfältiger und bunter – und eigentlich wirkt sie sogar auf den ersten Eindruck relativ gut gelaunt. Das ist aber ein kräftiger Irrtum, denn Haley Johnsen sagt selbst, sie sei während der Arbeit am Album in einer existenziellen Krise gewesen, hätte sich mächtig selbst hinterfragt. Am Ende wird nicht alles gut, aber diese Platte ist es definitiv geworden. Wir hoffen nicht nur, dass sie Kraft daraus schöpft. Sondern auch, dass sie bald nach Österreich kommt. Inzwischen: Schauen, hören, kaufen!

 

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