STRANDHASE: „Primetime“, Problembär Records
VÖ 21. 2. 2020
Wenn uns nicht alles täuscht, dann ist das das nächste große Ding im österreichischen Indie-Rock – und zwar in der Kategorie „auf deutsch“. Der Strandhase, vier junge Kerle aus Wien, tourte in den vergangenen Monaten bereits fröhlich durch die Gegend, ohne überhaupt eine Platte vorweisen zu können. „Primetime“ ist das Debut-Album und es geht diretissima in die Gehörgänge, die Texte von Daniel Mendl sind ehrlich gesagt auch viel intelligenter als das Dada-Gekreische von Wanda. Zur klassischen Rock-Besetzung kommt eine Affinität für Musik jenseits des Tellerrands, sprich Pop, Funk, Chanson.Wie es sich für die Primetime gehört, startet die Platte um 20:15, die gute alte Paloma kommt in Song Nr. 4 vor, dann wird erst einmal ein bisschen Chlorwasser geschlürft. Und ganz am Ende, im 15. (!) Liedchen bleibt nur mehr Dystopie. Ein schillerndes Debut, das gewaltig Lust auf mehr macht. Erfreulicherweise demnächst live in:
27. 3. 20 Steyr / Röda
28. 3. 20 München / Muffathalle / egoFM Fest
09. 4. 20 Klagenfurt / Stereo
18. 4. 20 Wien / WUK
23. 4. 20 Salzburg / Rockhouse
24. 4. 20 Graz / PPC
Bandfoto: Strandhase, © Julia Dragosits
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KRISTOFF: „Aus Da Haut“, monkey.
VÖ 14. 2. 2020
Christoph Jarmer war lange Jahre bei Garish an der Gitarre zu hören und sehen. Dann kam Esteban’s, dann Oberst Stern. Jetzt heißt er KRISTOFF und macht Singersongwriter-Geschichten auf Wienerisch.Das klingt jetzt vielleicht nicht umwerfend, ist es aber. Die Platte schließt nämlich die Lücke zwischen dem Voodoo und dem Ernst Molden, zugleich wird hier ohnehin schwerpunktmäßig auf einer anderen Baustelle gehackelt, die man eher Blues oder Folk nennen sollte und auf gar keinen Fall Austro-Pop. Die Haut ist ja unser sensibelstes Organ (außer der Leber vielleicht) und passt so ausgezeichnet zu den Songs von Kristoff. Ein bisserl Blut braucht es, nicht zuviel Herzschmerz, eine Dosis Melancholie, Hammond-Orgel. Der Kristoff ist eine ehrliche Haut, dem Verkaufsstrategien am Allerwertesten vorbei huschen. Und all das macht dieses Debut zu einer enorm erfreulichen Angelegenheit. Der Affe aus der Plattenindustrie hat da wieder viel Fingerspitzengefühl bewiesen, weil der Kristoff nämlich auch sehr gut zum bisherigen Oeuvre des Labels passt. Und umgekehrt.
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FEEL: „Not Enough“, Pumpkin Records
VÖ 31. 1. 2020
„Feel“, das ist jetzt nicht der Bandname, mit dem man international gleich für Eindeutigkeit und wuchtige Präsenz sorgt. Andererseits passt der Name halt so gut zu Daniel Berger, der schon seit über 10 Jahren mit Gitarre und Mundharmonika durch die Gegend tourt. Nach einem Jahrzehnt als Solo-Künstler fand Berger mit dem Geiger Fabian Egglmeier einen zweiten, später mit Schlagzeuger Felix Krüger einen dritten im Bunde. Feel, das ist nahe am Folk gebauter Singer-Songwriter-Stoff, auf das Wesentliche reduziert und voller sanfter Schönheit. Wird die Stimme rauer und die Gitarre lauter, geht das alles aber auch sehr klar als Rock durch. 8 Nummern, die alle ihre Stärken haben. Und ein weiterer Grund für den Erwerb der Vinyl-Version: Daniel Berger hat ein fantastisches Cover entworfen, das zeigt, wie vielseitig talentiert der Grazer ist. Feine Sache!
Für spontane Zeitgenossen: Die Release-Show von „Not Enough“ steigt am 31. 1. ab 19.30 in der Scherbe in Graz.
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LUKAS MAIER: „The Magical Misery Tour“, Post Office Records VÖ 31. 1. 2020
Und gleich noch ein Grazer, dem mit sich selbst nicht langweilig wird. Lukas Maier, manchen wohl auch vom Karma Klub bekannt, hat ein Solo-Album vorgelegt, bei dem er wirklich alle wesentlichen Schritte selbst erledigt hat. Das Ergebnis sind 9 Songs, die zwischen leicht obskurem Garagen-Rock und Folk oszillieren. Dazu kommen auch mal ein Vocoder und Kuhglocken-Gebimmel. Früher wäre so etwas auf Shimmy Disc erschienen. Heute eben auf dem frischen steirischen Label Post Office Records. Und die besagte Plattenfirma rund um den umtriebigen Gabriel Schmidt, die geht auch in aller Bescheidenheit davon aus, dass die gar nicht miserable Zaubertour sich zur Kult-Scheibe entwickeln könnte.Wir sagen: Das ist eine Platte für Musiker, die all die Bezüge und Anspielungen dechiffrieren können und zu schätzen wissen, was Herr Maier da an Sounds zusammengebastelt hat. Die Stimme ist auch so was, dass eher Leute mögen werden, die sich ein bisschen genauer mit Rockgeschichte beschäftigt haben. Zumindest der dunkle Love-Song „Don’t Fear A Thing“ sollte es dann aber auch über Insider-Kreise hinaus schaffen. Ostermayer, übernehmen Sie!
Maier live: Sonntag, 2. Februar 19 Uhr im oag-Kulturverein
(Einlass ist um 18 Uhr, angeblich gehts recht pünktlich los)
Mittwoch, 11. März 20 Uhr im Café Wolf
(da gehts üblicherweise erst ein bissl später los)
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BACK TO FELICITY: „Greatest Hits, Vol. 2“, Bleeding Star Records VÖ 21. 2. 2020
So ein Spaß, die Oberösterreicher namens Back to Felicity bringen ihr zweites Album heraus und nennen es gleich mal „Greatest Hits, Vol. 2“. Ganz schön selbstbewusst, aber nicht völlig unberechtigt, denn die 5 aus dem Mühlviertel können Indie-Pop und das immerhin auch schon seit 2012. Erfrischende Sounds, sehr sehr gute Stimmen (Magdalena Mülleder, Flo Prammer und Sebastian Schütz), ein bisschen Funk ist immer dabei. Und auch wenn Back to Felicity ganz am Ende unserer Monatswertung kommen, eigentlich ist das DIE Platte, die wir am allerliebsten und alleröftesten gehört haben beim Haubentaucher-Basteln. Also: Reinhören, ist das nicht schön???