Das theater quadrat rund um Werner Halbedl und Alexander Kropsch bringt in schöner Regelmäßigkeit Stücke auf die Bühne, die einen nicht mehr los lassen – wir haben schon das eine oder andere mal darüber berichtet. Mit Heinrich von Kleists “Michael Kohlhaas” greift die Truppe einen Klassiker auf, der mit seinem Grundthema von obrigkeitlicher Ungerechtigkeit, nachfolgender Raserei und Selbstjustiz von großer Aktualität ist. Kohlhaas, der vom ehrbaren Pferdehändler zum blutrünstigen Guerrilla-Kämpfer wird, entwickelt im Lauf des Stücks Züge, die an die verirrten Geister erinnern, die sich heute “Freemen” oder “Reichsbürger” nennen und ihre eigenen Gesetze aufstellen. Andererseits: Wer könnte es dem Mann verdenken, dass er durchdreht, wo doch zuerst seine Pferde und sein Knecht unter der Willkür eines regionalen Herrschers leiden und dann sogar seine Frau qualvoll sterben muss? Und wie aberwitzig das Ende des Aufständischen, es wird ihm öffentlich Gerechtigkeit zugesprochen und gleichzeitig wird er einen Kopf kürzer gemacht.
Halbedl und Kropsch inszenieren den “Kohlhaas” auf das Maximale reduziert. Schwarze Wände, schwarzer Boden, der mit weißen Blättern abgedeckt ist, schwarze Kleidung sämtlicher Akteure. Man spricht über die handelnden Personen zumeist in der dritten Person, nur zwischendurch ziehen sich Kohlhaas (Halbedl) und seine Gattin (Ninja Reichert) ins Publikum zurück und schlüpfen damit in die erste Person. Der Abend ist dicht, spannend, im wahrsten Sinne des Wortes dramatisch. Die schauspielerischen Leistungen kann man kaum gebührend würdigen. Alexander Kropsch, der sämtliche diffusen bis suspekten Charaktere glänzend spielt, der Wüterich Werner Halbedl, einem menschlichen Kelomat gleichend, die kämpferische Ninja Reichert, zwischen Liebe, Wut und Entsetzen hin und her gerissen, und gegen Ende hin ein äußerst ambivalenter Luther, jedes Wort abwägend, dargestellt von Rudi Widerhofer, einem der ganz Großen in der Grazer Theaterszene. Bis in die Nebenrollen reicht die hohe Qualität der Besetzung, hervorzuheben ist etwa Nicolas Galani, der den Junker Wenzel von Tronka an der Grenze von Brutalität und Absurdität ansiedelt.
Große Empfehlung!
Noch zu sehen am 7., 8., 12., 14., 15. und 16. Juni jeweils um 20 Uhr im Theater im Keller Graz
Foto: theater quadrat / Nicolas Galani