Jakob Horvat: “WELTNAH. Raus aus der Komfortzone, rein ins Leben”, Kremayr & Scheriau 2019
Der junge ORF-Journalist Horvat bekommt eines Tages eine Nachricht von einem Freund aus Norwegen. Der will für ein Jahr “aussteigen”, um die Welt reisen, allerdings ohne das Flugzeug zu benutzen. Was ihm zuerst absurd vorkommt, beginnt Horvat bald zu begeistern. Er verlässt seine “Komfortzone” und beginnt sich zu überlegen, ob und wie eine solche “Auszeit” möglich wäre. Am besten ohne großen Plan, so der Plan. Der Norweger kann letztlich das Projekt nur beginnen, muss aber nach einigen Wochen wieder retour, um sich auf eine neue Aufgabe in der Politik vorzubereiten. Der Österreicher bleibt auf sich allein gestellt und tatsächlich schafft er es immer wieder, Leute zu finden, die ihn bei der Reise mitnehmen oder ihn anderweitig unterstützen.
Die Erfahrungen auf hoher See, die Begegnungen in Lateinamerika, die Tage im Kloster, all das hinterlässt Spuren in Horvats Leben. Die Vorgabe, ohne Flugzeug auszukommen, geht sich zwar nicht aus, aber die Tour rund um die Welt ist wirklich beeindruckend. Es ist dies ein Buch über Reisen, aber vor allem auch über Mut und Menschlichkeit, gegen die Engstirnigkeit, die wir gerade dieser Tage wieder so massiv erleben. Es ist ein Bericht, der zwischen hemmungsloser Lebenslust (inklusiver intimer Details) und philosophischer Einsichten changiert, zweiteres stellenweise etwas üppig aufgetragen.
Das Genre ist nicht neu, das Verlassen der “Komfortzone” boomt gerade mächtig. Dennoch ist “Weltnah” spannend und leicht zu lesen, nur einen klitzekleinen Haken gibt es noch. Der Autor schafft es nur ansatzweise, uns wirklich “mitzunehmen”. Das mag mit dem Stil zusammenhängen, der recht nahe am Tagebuch bleibt, oder daran, dass Horvat die eigene Befindlichkeit wichtiger ist als die Suche nach richtig guten (Lebens-)Geschichten von anderen. In der Literaturliste am Ende findet sich etwa der große Andreas Altmann. Der macht es vor, wie man Bücher schreibt, die einen als Leser/in nicht mehr loslassen. Aber zugegeben: Das ist die Champions League – und vielleicht ist “Weltnah” ja der Anfang einer schönen Reiseschriftsteller-Karriere.