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Wolfgang Pollanz: “Das Züchten von Kakteen inmitten einer üppigen Landschaft”, edition keiper 2019

Der hier schon des Öfteren vorgestellte Autor aus der Südweststeiermark spielt gerne mit (auto-)biographischen und fiktionalen Elementen. Das wird schon beim ersten Satz dieses Buches klar: “Ich bin ein kompletter Versager.”

Vorsicht, das “ich” ist in dieser Zusammenstellung von (Kurz-)Geschichten nur selten der Autor. Oder doch? Gut, ein Baukran ist Pollanz vermutlich nicht, aber bei anderen Stories tauchen durchaus vertraute Elemente auf, wie der blaue Skoda des Vaters, den man schon von früheren Büchern kennt.

“Das Züchten…” ist aber weniger eine Rückschau als vielmehr eine Novität, eine mit unergründlicher Logik zusammengestellte Geschichtensammlung, die kreuz und quer durch das Pollanzsche Schaffen geht. Vieles davon erschien zuvor in Zeitungen und Zeitschriften, anderes wurde exklusiv für Lesungen und Auftritte der Grazer Autorinnen Autorenversammlung (GAV) verfasst. Es gibt kaum einen roten Faden, keine Chronologie, keinen fixen Ort des Geschehens. Vielmehr reist die Leserschaft mit dem Autor durch die Jahrzehnte und von der ländlichen Steiermark in die Stadt und weiter in alle möglichen Sehnsuchtsorte.

Mal will der Erzähler der unsportlichste Mensch der Welt sein (welch schwieriges Unterfangen!), mal sammelt er wie verrückt Kataloge, dann wieder stellt er sich als leutscheuer Landarzt vor. Interessant nicht nur für Germanisten und -innen: In der Zeit zwischen Ende der 1970er Jahre und der Gegenwart hat Pollanz viel ge- und beschrieben, ist sich und seinem Stil dabei weitgehend treu geblieben, ohne auf der Stelle zu treten.

Die meist recht kurz gehaltenen Stories zeigen Pollanz als ausgezeichneten Beschreiber, als einen, der mit wenigen Sätzen Situationen und Menschen so plastisch macht, dass die Leserin und der Leser in die Geschichte “kippen”. Dazu spielt der Autor mit Sprachstilen, wie sie etwa im Behörden- und Bildungsbereich üblich sind. Hier erinnert die eine oder andere Passage an fast vergessene Großmeister wie Albert Drach oder Hans Lebert. Was es mit dem Kakteenzüchten auf sich hat, das erfährt man auf den gut 280 Seiten des Buches nicht wirklich. Wohl aber, wie vielfältig und doch stringent das erzählerische Schaffen von Pollanz ist, der Ende Mai seinen 65er feiert. Chapeau!

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