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Buch des Monats

Geschichtsbuch des Monats

Ernst Gelegs: “Liebe Mama, ich lebe noch! Die Briefe des Frontsoldaten Leonhard Wohlschläger”, Kremayr & Scheriau, März 2019

Geschichtliche Ereignisse sind gerade dann faszinierend, wenn Daten und Fakten mit Einblicken in individuelle Erlebnisse kombiniert werden. Der Erfolg diverser Historienromane beweist dies zur Genüge. Während dort fiktive Charaktere in den Lichtkegel der Ereignisse treten, so kommen in Ernst Gelegs Geschichtsbuch Menschen zu Wort, die tatsächlich gelebt haben. Geschichtsbuch? Ja, denn Gelegs Werk ist eine ORF III Doku in Buchform.
 

Im Nachlass einer entfernten Tante findet sich eine Schuhschachtel voller Briefe, adressiert an Schwester und Mutter Wohlschläger. Die Briefe des Leonhard Wohlschläger, seines Zeichens Wehrmachtsoldat und Lebenskünstler, erzählen von dem täglichen Soldatenbrot, auffallend häufig im tatsächlichen Sinne des Wortes.

Gelegs fädelt am roten Faden der großen geschichtlichen Ereignisse die Nahaufnahmen eines Einzelschicksals auf und setzt so einem durchschnittlichen Antihelden ein Denkmal. Das große Drama, das der Titel verspricht, kann der Inhalt der Briefe nicht halten, wohl auch, weil Gelegs zu bemüht ist, die Geschichte der NS-Zeit zu kommentieren. Die kleinen Tricksereien und Erlebnisse des Leo Wohlschläger verlieren dadurch leider auch einiges von der besonderen Intimität, die das Lesen fremder Briefe ursprünglich verspricht. Weniger Eingriff wäre hier wohl mehr gewesen.




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