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Musik

Tonträger des Monats / International

JESSICA PRATT: “Quiet Signs”, Mexican Summer / City Slang, VÖ 8. 2. 2019

Neun Songs. Und dafür hat die Musikerin aus Los Angeles vier Jahre gebraucht? Jessica Pratt arbeitet wie eine Archäologin, trägt Schicht für Schicht ab, bis ihre Musik auf das Wesentlichste reduziert ist. Und dann setzt sie eine Stimme drauf, die einen Youtube-User zu folgendem sehr treffenden Kommentar motivierte: “Your not from this world and its a very good thing. Your music is an escape from violent time.” Ein anderer meint am selben Ort unverdrossen: “Quiet is the new loud” und auch dem ist voll zuzustimmen.

Jessica Pratts Universum ist eigen. Es geht ruhig und konzentriert zu, es fehlt aber auch nicht an Originalität. Der zweite Song etwa “As the World turns” kommt in gehöriger Schräglage daher. Und ist es nicht wunderbar, dass in großteils glatt gespülten Mainstream-Zeiten ein Song wie “This Time Around” sechsstellige Aufrufszahlen auf dem oben erwähnten Google-Videoabspiel-Kanal erreichen kann? Wer sich in diesem Monat etwas Außergewöhnliches gönnen will, sollte zu “Quiet Signs” greifen.
Damit nicht wieder 4 Jahre vergehen…

RUSTIN MAN: “Drift Code”, Domino VÖ 1. 2. 2019

In der Tonart geht es weiter: Rustin Man, den man auch als Paul Webb kennt, bewohnt eine Welt, die genauso eigenartig ist wie die von Mrs. Pratt. Der Mann, der eine Zeitlang sein Geld als Bassist bei Talk Talk verdiente, hat ebenfalls neun Songs auf sein Album gepresst, darunter Perlen wie “Judgement Train”.

“Drift Code” stampft sich durch die Musikgeschichte und bietet ein Panorama, das augenblicklich das Kopfkino startet. “Brings me Joy”, da wird die Kirchenorgel angeworfen und die Engerln zwitschern im Schädel. Rustin Man setzt sich gerne zwischen die Stühle, in diesem Falle könnten Namen wie Tom Waits, Nick Cave oder Nico drauf stehen. Eine raue Gitarre trifft auf Trommeln, Bass und Keyboards, dazu Webbs Stimme, die Platte versprüht ein morbid-faszinierendes Flair ohne je in Effekthascherei abzugleiten.
Ein Meisterwerk in sepia.

STONE BLUE ELECTRIC: “Speaking Volumes”

Es geht aber auch einfacher. Sehr viel einfacher. Boing! Ohne groß herumreden, ohne komplexe Fragestellungen. Einfach: Boing! Das klingt jetzt vielleicht bescheuert, aber wir reden von einer Band aus Haubentauchers Lieblingsstadt Helsinki. Einer Band, die einfach Rock macht. Rock, der so schnurgerade und zugleich holprig ist wie eine Fahrt mit der Motocross 125er durch die Tundra.

Sami Osala, Drummer von Sunrise Avenue, war offenbar unausgelastet und gründete mit Patrick Eriksson (Ile Kallio Big Rock Band!) eine Partie, die tief in die 1970er Rock-Ära abtaucht. Und weil da jede Menge Gitarre dazu gehört, holten sie sich Jussi Turunen, der als einer der besten seines Faches in Finnland gilt. Der vierte im wilden Bunde ist Jaakko Jakku, der schon Folk-Metal spielte, als noch keiner in der EU wusste, was das sein sollte. “Speaking Volumes” ist unironisch, schnörkellos, ohne jeden intellektuellen Überbau. Perfekt für die Momente, wo es einfach “Boing!” machen soll.

SUNDAYS: “Wiaca”, Celebration Records, VÖ 25. 1. 2019

Von Finnland rüber nach Dänemark. Vom knüppelharten Rock zum verträumten Pop mit einer großen Portion Folk am Gepäckträger. Von einem Leben in Moll hin zu luftiger Leichtigkeit. Darf man einfach mal fröhlich sein?

Sonntagsgefühle verspricht der Bandname und die zehn Songs lösen das auf der Stelle ein. Das Quartett, das sich nach einer Reihe von Singles für das Premieren-Album personell verstärkt hat, zaubert einem ein Lächeln ins Gesicht. Sollte man nicht unmittelbar vor oder nach Stone Blue Electric hören, aber geben Sie denen Dänen eine Chance. Allein die Stimme von Magnus Jacobsen hat sich schon ein zweites Hinhören verdient. Und ehrlich: So unbeschwert wird 2019 nicht oft zu Ihnen sein. Prädikat: Aus dem Zauberwald.

SPORTELLI: “Fear and Courage”, Jungle Ocean Records/iGroove, VÖ 25. 1. 2019

Auch die Schweiz hat ihre Talente. Sportelli ist wahrscheinlich eines der auffälligsten. Der Singer-Songwriter aus Biel bzw. Bern, der sich mit Lea Meyer und Christine Wyder zum Trio formiert hat, sagt über sein Album:

“Die Produktion war eine dreijährige Reise durch einen Wald voller Neuanfänge und Enden. fear and courage ist eine Ode an alle, die sich vor dem Neuen fürchten, aber wissen, dass mehr da ist und mehr geht. fear and courage motiviert, neue Wege zu gehen und das Unbekannte zu entdecken, alte Türen richtig zu schließen, damit sich neue öffnen können.”

Das Resultat ist ebenso spannend wie entspannt. Nach Österreich schafft es das Trio in absehbarer Zeit leider nicht, aber das kann ja noch werden. Und vielleicht ist jemand von euch da draußen ja demnächst in der Schweiz unterwegs?

MO KLÉ: “Fighter in the sky”, Greywood Label Services, VÖ 25. 1. 2019

 

Und gleich noch mal die Schweiz. Mo Klé alias René Grünenfelder ist fast mehr Liedermacher als Singer-Songwriter. Die Gitarre ist sein steter Begleiter, eine Mundharmonika ist auch im Gepäck, dazu kommt auf dieser EP aber auch Drums, Bass, Cello, Sax.

Ein gewisses Faible für Dylan lässt sich nicht abstreiten, laut Presse-Unterlagen ist Herr Grünenfelder auch ein Verehrer des großen Leonard Cohen. Ein bisschen Country ist auch mit von der Partie.

Raffiniert abgemischt klingt anders und Mo Klé scheut auch nicht davor zurück, mal ein wenig aus der Spur zu singen. Sympathisch und originell ist die Scheibe trotzdem. Die Tour führt demnächst in die Schweiz und durch diverse deutsche Großstädte.

HAYLEY REARDON: “Where I know you”, VÖ 1. 3. 2019

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, besitzt die Frau eine der großartigsten Stimmen, die wir in den letzten 200 Jahren gehört haben. Und hey, sie kommt nicht aus Portland und schon gar nicht aus irgendeiner hippen Metropole, sondern aus Massachusetts. Die EP wurde in Vermont produziert, auch nicht wirklich der Nabel der Pop-Kultur. Obwohl die kleine Scheibe mit den 5 Songs erst im März offiziell herauskommt, müssen wir Mrs. Reardon jetzt schon hypen, denn sie kommt demnächst zu uns nach Österreich und das, liebes Publikum, sollten Sie auf keinen Fall versäumen. Graz (25. 2., Scherbe), Wien (26. 2., Haus der Musik) und Frastanz (27. 2.,  Glashus) dürfen sich schon jetzt einen Haxn ausreißen, vor lauter Vorfreude. Wer’s nicht glaubt, sollte sich das da anschauen: Hayley Reardon: “Where I know you”

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