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Musik

Tonträger des Monats Juli

SPAIN: “Live at the Love Song”. LP (+ Download), Glitterhouse Records

Das werden vielleicht nicht alle wissen: ‘The Love Song’ ist eine Bar in Los Angeles. Und genau dort trat SPAIN, eine unserer erklärten Lieblingsbands, von Mai 2016 bis März 2017 (!) jeden Dienstagabend auf. Etliche musizierende Gäste auf der Bühne sorgten dafür, dass kein Konzert dem anderen glich. Und das Ergebnis hielt SPAIN-Mastermind Josh Haden auf einem tragbaren Live-Recorder fest und wählte die besten Songs für diese Platte aus. Material war ja reichlich vorhanden. Sollte jemand in nächster Zeit nach L.A. kommen: die Band spielt zur Zeit jeden letzten Donnerstag im Monat in “The Love Song”. Und arbeitet vor allem an ihrem siebten Album, das voraussichtlich 2018 in den Handel kommen wird. Für alle Freunde des Spain-Sounds ist die Live-LP weit mehr als nur eine würdige Überbrückung. Für alle anderen: Wer auf gediegene Americana-Stimmung steht, wird hier bestens bedient. Charmant sind auch die Hintergrundgeräusche, wie sie für eine Bar nun mal typisch sind. Anspieltipp: Das herzzerreißende “Every time I try”. Stark auch die Nummer “World of Blue”, die mit über 22 Minuten richtig abendfüllend ist. Und dann gibt es mit “Spiritual” ein letztes Lied, das wir uns in genau dieser Fassung für unser Begräbnis wünschen. Sehr lässig!

MINDEN: “Sweet, simple things”, LP/CD/digital, Hit City USA

Portland/Oregon ist natürlich auch in diesem Monat wieder vertreten. Diesmal aber besonders ungewöhnlich. Denn Minden, das ist nicht Country oder Indie-Rock, das ist wirklich sweet und manchmal sogar simple. Es ist POP, in Großbuchstaben mit Glitter und Disco-Kugel. Mehr Schweden geht eigentlich kaum, weder optisch (siehe Beweisfoto links) noch musikalisch. Dazu kommt dann aber noch eine Dosis Funk und am Ende steht man staunend da und muss Minden einfach lieb haben. Selbst wenn es in einer Nummer heißt: “Love is bad”, so wissen wir natürlich, dass dem nicht so ist. So erfrischend kann einfache Schönheit sein, wenn ma sich die düsteren Gedanken für den Tag danach aufhebt und statt dessen lieber die Flasche Champagner aufreißt, die eh schon viel zu lange ungeöffnet im Kühlschrank liegt. Bussi! Die Platte kommt offiziell erst im September und wird dann auch gleich in Österreich vorgeführt. Bitte notieren Sie:

15.9. HAUS DER MUSIK | WIEN
16.9. ROTER GUGL | HARTBERG
17.9. BÖLLERBAUER | HAAG

 Foto: Todd Walberg / Minden 2017

GERARD: “AAA”, CD/LP/download Futuresfuture

Gerald Hoffmann ist Gerard. Und das seit rund vier Jahren durchaus erfolgreich. Coolness und Sprachspielereien gibt es auf “AAA” in einer Mischung, die früher sicher gewagter war als heute. Aber dafür hören heute eben auch mehr Leute zu. Ob das jetzt noch RAP ist oder Dance oder POP? Eigentlich egal. Angenehm finden wir, dass Gerard eben NICHT voll draufdrückt, wo die “richtigen” Rapper deutscher Zunge wahlweise ihre Macho-Atttitüde oder ihre politische Meinung breit treten. Zurückhaltung kann manchmal so gut sein. Und den richtigen Drive kann man auch haben, wenn man nicht in jedem zweiten Song wutbürgerisch drauf los brüllt. Sehr saubere Platte, die wohl auch außerhalb der Wiener Szenerie funktionieren wird. Die deutschen Medien scheinen zunehmend auf Gerard aufmerksam zu werden. Schließlich braucht Bilderbuch ja auch irgendwann einen Nachfolger, der nicht Wanda heißt. Live gibt es das ganze bei uns erst im Dezember. Nämlich:

11.12.2017 München, Ampere
13.12.2017 Graz, PPC
14.12.2017 Zürich, Exil
15.12.2017 Wien, WUK

Und hier noch ein feines Stück Musikvideo von Gerard:

MELT DOWNER: “Melt Downer”, 2LP/2CD, NUMAVI RECORDS & CUT SURFACE

Der Möstl Wolfgang mal wieder. Der von Mile Me Deaf und Killed by 9V Batteries. Diesmal im Haudrauf-Trio mit Mario Zangl (ebenfalls Mile Me Deaf, Killed By 9V Batteries) und Florian Giessauf (Torso, Red Red Red, Das kleine deutsche Eck). MELT DOWNER also. Das ist bösestes Schwermetall, direkt aus der steirischen Stahlindustrie. Von Krise keine Spur. Von Zukunft auch nicht. Da wird erst mal einiges sehr gründlich zerlegt und dann kommt die Flex und dann wird geschweißt und dann? Ist es fertig. Und die Hörerschaft gleich mit. Fette Gitarren, ein Schlagzeug direkt aus dem Rocker-Klischee-Paradies und dazu eine stimmliche Achterbahnfahrt ohne Haltegriff und Sicherheitsgurt. Das ist genau das, was man im Sommer in voller Lautstärke spielen sollte, wenn sie alle an der roten Ampel mit den heruntergelassenen Seitenfenstern Ö3 oder Kronehit hören. Jede einzelne Nummer wird dem geneigten Noise-Fan die Ohren von innen nach außen striegeln.

Warnung: Diese Platte ist ein Geschenk… aus der Hölle.

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