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Kurzgeschichten des Monats

„Quälende Gedanken / Haunting Thoughts“: Eine Kurzgeschichtensammlung von Pika Golob
TEXT/RAHMEN Verlag

„Ich habe all meine Kraft hineingesteckt, all meinen Willen, den ich in den Tiefen meines schwachen Herzens noch übrig hatte. Schließlich wartete der Tod dort draußen auf mich – der schöne vergebende Tod. Kein Schmerz mehr, kein Hunger, keine Schreie, nur das Nichts…“, schreibt Pika Golob in einer der Kurzgeschichten mit dem Titel „Geralds Geheimnis“, reiht eine Fülle an Gefühlen aneinander und spinnt um diese ihre Gedanken in weiteren fünf kurzen Geschichten weiter. Neugierig hantelt sich die Autorin von Erzählung zu Erzählung und bewegt sich stringent zwischen Zorn und Zärtlichkeit.
Die slowenische Autorin Golob schreibt ihre Anekdoten nicht als ausufernde Stories. Die 33-Jährige balanciert in diesen Anekdoten solide und geheimnisvoll, transportiert Beziehungen über die Charaktere der Geschichten, beschreibt morbide Szenarien mit überraschenden Höhepunkten und formuliert freimütig und aufrichtig. Golob macht also das, was sie musikalisch in ihrer Scream-Synth-Duo-Band „it’s everyone else“ auch ausdrückt: Persönliche Erfahrungen und Ideen werden über Sprache bzw. Worte transportiert – nur noch besser. Hieß die letzte Platte noch „Heaven is an empty room“, könnte dieses Buch auch den Titel „Hell was full“ tragen. Die Erzählungen sind nämlich schroff, ergreifend und extrem eindringlich – außerdem sind die sechs Kurzgeschichten jeweils in Deutsch und Englisch abgedruckt und rücken somit das Gesamtbild sehr gelungen in die Auslage der Aufmerksamkeit. 
„Vorahnung“ bohrt sich zu Beginn eingängig brutal in das Gedächtnis der Leserschaft und zeigt, wohin diese apokalyptische Reise gehen wird. „Geralds Geheimnis“ und „Verzehrt“ fressen die Leser skrupellos mit Haut und Haaren auf, bevor sie folglich brachial und bedingungslos in „Die Prozession“ wieder ausgespuckt werden. „Der Fluch von Lone“ dreht im abschließenden Kapitel „das Licht ab“ und lässt uns ungeschönt alleine im Dunkeln zurück. Schicht im Schacht!
Jedes geschriebene Element greift (fast) ohne Knirschen in das Nächste; alle Handlungselemente zünden effektiv, lösen weitere Gedanken beim Leser aus und bleiben eindringlich und gedankenvoll.

„Quälende Gedanken / Haunting Thoughts“ nimmt man die instinktive und doch strukturierte Entstehung ab; die Unbekümmertheit und der gleichzeitige Drang nach Kreativität der Autorin sind absolut glaubwürdig und die Tatsache, dass es für alle Beteiligten ein beeindruckendes Leseerlebnis ist, macht einfach Lust nach mehr. Pika Golob kann schon vieles, muss aber nicht alles. Stay true!

Text und Foto: aL

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