Christian Weniger: Kleingeist im Kleinformat.
Der Herr Redakteur mit Hund und periodisch auftretender bissiger Misanthropie schreibt seit geraumer Zeit eine Kolumne namens “City-Mail” in der Kleinen Zeitung. Meist bekommen Oppositionspolitikerinnen ihr Fett ab, manchmal aber reibt sich Weniger auch am Baum der Macht. Diesmal hat es vordergründig Bürgermeister Siegfried Nagl erwischt, den der City-Mailer wegen des neuen Heimweg-Telefons tadelt. Dieses soll besorgten Bürgerinnen und Bürgern beistehen, die nächtens durch dunkle Gassen eilen. Betreut wird die städtische Schlummerkummernummer durch MitarbeiterInnen der Ordnungswache, die dafür speziell geschult wurden. Gelobt wurde das ganze übrigens spaßigerweise in einem reichlich PR-verdächtigen Text des Kleine-Tochtermediums Futter.
Nun mag man zwar zu den uniformierten Pseudo-Sheriffs stehen, wie man will (wir in der Redaktion finden sie sinnlos bis peinlich). Auch könnte man beklagen, wie viel Panikmache mittlerweile von Politik (und Medien wie der Kleinen Zeitung!) betrieben wird. Aber Wenigers jüngste Kolumne (6. 11., S. 35 Printausgabe) kann man so dennoch nicht unwidersprochen stehen lassen. Erstens ist Nagl der falsche Adressat: Präsentiert wurde das Service vom Rechtsaußen-Stadtrat Mario Eustacchio, wie man sich etwa auf folgendem Bildnis sehr schön vergewissern kann: Hilfe: Da drängt wer von rechts ins Bild.
Ausgangssperre für alle
Und zweitens kritisiert der mieselsüchtige Mailer, dass die Dienstleistung von der Öffentlichen Hand bezahlt wird. Ja, was denn sonst? Von Mateschitz? Trump? Oder der Styria Medien AG? Schon vergessen: Auch die Polizei bezahlen wir mit unseren Steuern, Lehrerinnen und Lehrer, ja selbst die Gehsteige und Hundewiesen sind selten privat finanziert. Atemberaubend dann Wenigers Resümee:
“Wer Angst davor hat, zwischen 23 und 3 Uhr auf öffentlichen Wegen unterwegs zu sein, hätte eine gute Alternative: einfach früher schlafen gehen oder vor der Fernsehkiste schlummern.”
Das werden all jene gern lesen, die am Abend beispielsweise länger arbeiten müssen oder einfach aus irgendeinem Grund der Meinung sind, in einem Land ohne Ausgangssperre zu leben. Vorschlag: Statt einer Antwort Nagls, der ohnehin dafür nicht zuständig ist, entschuldigt sich Weniger bei der Leserschaft. Und denkt das nächste Mal nach, bevor er seine mails verschickt.
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