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Musik

CD des Monats / International

“Songs of Gastarbeiter Vol. 1”, zusammengestellt con Imran Ayata & Bülent Kullukcu, Trikont 2013

Eine CD, wie sie wohl nur das deutsche Trikont-Label machen kann: Monothematisch, akribisch, ungemein bereichernd. Autor Ayata aus Berlin und Künstler Kullukcu aus München haben gesammelt, was das Zeug hielt: Lieder der ersten “Gastarbeiter”-Generation aus der Türkei, etliche davon bislang nur auf Kassetten oder vergriffenen Platten zu finden. Im Booklet erzählt Imran Ayata über die Geschichte der Idee, über die mannigfaltigen Probleme beim Erwerb der Rechte und auch über den Onkel aus Frankreich, der die Musiksammlung der Eltern vollreiherte. Die Songs widersprechen nicht selten den altbekannten Klischees – oder sie interpretieren diese neu – und versuchen so eine differenzierte Sicht auf die Lebensweise und die Schwierigkeiten dieser Zeit. Vieles davon ist auch heute ungebrochen gültig. Manches klingt vertraut, manches sehr “exotisch”, vieles ist auf Deutsch gesungen, einiges wie Asik Divanes superflottes “Merhaba Dayi – wie geht’s?” in beiden Sprachen, wieder anderes auf Türkisch. Musikalisch klingt die alte Heimat durch, textlich geht es immer wieder um das Verhältnis zu deutschen Kollegen und Arbeitgebern, die Trauer über das Leben in der Fremde und die Zurückweisung aufgrund der Herkunft. Es wird aber nicht nur nach rückwärts geblickt, es wird auch experimentiert, etwa mit Sprechgesang, und es werden Soundsplitter, Country- oder Disco-Elemente in die Musik gemischt.

Über 100 Songs haben Ayata und Kullukcu gefunden, 14 reguläre Songs und 2 Remixes haben es auf die CD geschafft. “Dies ist nur ein Anfang”, heißt es im Vorwort des Booklets. Ja, aber was für einer! Wir warten gespannt auf weitere Kompilationen der beiden, vielleicht auch unter Berücksichtigung spanischer, italienischer oder portugiesischer MigrantInnen.

PS: Danke an Haubentaucher-Leser Peter S. für den Tipp.

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