Werner Tomanek: “Die Zwei-Klassen-Justiz”, edition a 2012
Gleich in der Einleitung, die er Eröffnungsplädoyer nennt, kommt Anwalt Tomanek zur Sache: “Es ist also höchste Zeit, eine bittere Wahrheit auszusprechen. Je mehr Nullen an einer Schadenssumme dranhängen, desto glimpflicher fallen Ermittlungsdruck und Strafrahmen aus.” In der Folge zeigt er anhand von Beispielen, dass die heimische Justiz nicht korrupt ist, wohl aber auf einem Auge kurzsichtig. Draufzahlen, so Tomanek, würden diejenigen, die keine Macht und kein großes Vermögen hätten, sich keine teuren Anwälte und keine langwierigen Verfahren leisten könnten. Da kann es schon passieren, dass man “angeschwärzt” wird und im Gefängnis landet, noch dazu, wenn man sich vor Gericht mangels Erfahrung ungeschickt verhält. Die Motivation, das Buch zu schreiben, war übrigens eine sehr persönliche: Tomanek wurde vor einigen Jahren aufgrund falscher Zeugenaussagen beschuldigt, Versicherungsbetrug begangen zu haben. Was folgte, war ein Freispruch, aber auch die Erkenntnis, wie schnell es gehen kann, dass man vom unbescholtenen Bürger zum potenziellen Verbrecher wird.
Man kann dem Neo-Autor vorwerfen, dass er stilistisch kein Großmeister ist, aber eines muss man ihm zugute halten: Er argumentiert klar und verständlich. Zum Beispiel in dieser Passage: “Meiner Meinung nach werden wesentlich mehr Unschuldige verurteilt, als Schuldige freigesprochen.” Ein beunruhigendes Buch, das dennoch keine großen Wellen schlagen wird, dazu ist der mediale Brennstoff wohl noch immer zu gering und wahrscheinlich auch die PR-Abteilung des Verlags zu klein. Aber für alle, die zuweilen ihre Zweifel am Verhältnis von Recht, Rechtssprechung und Gerechtigkeit haben, empfiehlt sich die Lektüre. Über die zahlreichen Passagen, in denen sich der ach so vife Anwalt selbst lobt und huldigt, müssen sie halt flott drüberlesen.