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La Strada Blog 2025: Sauerei im Supermarkt

Studio Dries Verhoeven: „Everything must go“

Im Depot der Helmut-List-Halle hat das Team des niederländischen Theatermachers Dries Verhoeven einen Teil eines Supermarkts installiert. Wir sehen einen Gang mit Regalen voller Produkte, wie wir sie vom täglichen Einkauf kennen. Außer, dass sie niederländische Beschriftungen tragen, wohlgemerkt. Viele Blechdosen, viel Plastik.

Rund um diesen Gang sind mehr als ein Dutzend Videomonitore angebracht. Im Stil von Überwachungskameras flimmern Schwarzweiß-Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven durch den Raum. Und dann entdecken wir sie. Im Kostüm einer Märchenfigur samt Schweinemaske steht sie im Markt. Sie reißt Verpackungen auf, stopft sich scheinbar wahllos Sachen in den Mund. Und hält uns zugleich einen Vortrag über die Strategien und Taktiken der Supermarktketten und ihre eigenen Methoden des zivilen Widerstands. Sie sagt, sie sei Teil einer größeren Bewegung, die sich gegen die Konzerne auflehnt. Die „Product Liberation Front“ sei längst im Geheimen aktiv geworden.

Wie günstig ist das Sonderangebot wirklich? 
Wer schält eigentlich die Garnelen?
Was würde passieren, wenn Billa plötzlich die Milch verschenkt?
Warum sind Bio-Produkte so etwas Außergewöhnliches?
Und wie lässt man am besten das eine oder andere mitgehen in Zeiten der Self-check-out-Kassensysteme?

Schauspielerin im Märchenkostüm mit Schweinemaske im Supermarkt. Bläuliches Licht.

Das ungehorsame Schneewittchen appelliert an unseren Verstand und unseren Mut, sie singt und tanzt, steckt Sachen ein, entkleidet sich teilweise, schmiert sich mit Sauce voll. Am Ende ist der Gang im Supermarkt eine echte Sauerei. Und die aufsässige Konsumentin ist plötzlich verschwunden.

„Everything must go“ ist ein poetisch-wütender Protest mit theatralischen Mitteln, der zum Nachdenken anregt. Ob es etwas hilft, wenn wir alle klauen, sei dahingestellt. Die Diebstähle sind vermutlich längst einkalkuliert. Und die Security-Branche ist ohnehin gut beschäftigt. Doch die Argumente, die Verhoeven gesammelt und formuliert hat, sind nicht ohne. Wir leben in einer Welt, in der alles dem Kapitalismus unterworfen ist. Die Natur, die industriell verarbeitet und in Plastik eingeschweißt wird. Und damit auch wir, die wir nicht vom selbst angebauten Gemüse leben können.

Das Stück ist noch bis 2. 8. hinter der Helmut-List-Halle zu erleben. Einlass ist ab 16.00 zu jeder vollen Stunde. Ohne Time-Slot und Ticket geht nichts, der Raum wirkt nur dann, wenn eine kleine Gruppe an Besucher:innen ihn betritt. Infos & Tickets gibt es ab 15.00 vor Ort oder unter www.lastrada.at

Fotos: © La Strada Graz 2025 / Nikola Milatovic 

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