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Amerika-Buch des Monats

Hannelore Veit: Wer hat Angst vor Donald Trump. Risiken, Chancen, Einblicke, Aussichten“, ecoWing Verlag September 2024

Während der einstige Nachrichtensprecher Wickert über die Vergangenheit und Gegenwart der französisch-deutschen Beziehungen schreibt, hat sich die frühere ZIB-Moderatorin Hannelore Veit die USA vorgenommen. Genauer gesagt: Die Wählerinnen und Wähler von Donald Trump. Es ist also KEIN Buch über ihn, sondern über alle möglichen gesellschaftlichen Gruppen an seiner Seite, die Veit an Hand von Beispielen vorstellt.

Vielleicht haben Sie sich auch schon mal gefragt: Wie kann es sein, dass so viele Menschen diesen aufgeblasenen Narzissten und  chronischen Lügner wählen? Veit hat die Antworten darauf. Sie nähert sich den republikanischen Hardcore-Fans an, besucht einen großen MAGA-Event. Doch in der Folge wird es noch weit interessanter. Sie schlüsselt nämlich auf, welche Wahlmotive Frauen, People of Color, Latinas und Latinos, sehr Reiche und andere Gruppen haben, die man eigentlich eher der Demokratischen Partei zuordnen würde. Fazit: Trump gewinnt bei diesen Menschen Schritt für Schritt, Prozentpunkt für Prozentpunkt. Seine Kampagne ist nicht mehr hoppertatschig und amateurhaft, wie bei seinem ersten (letztlich wohl auch für ihn selbst überraschend erfolgreichen) Antreten. Es steckt viel Strategie hinter all dem Gepoltere.

Veit kennt sich nicht nur sehr sehr gut aus mit der Materie, kein Wunder, sie war lange Jahre Korrespondentin in Washington. Sie hat auch entsprechende Kontakte, um wirklich alle relevanten Gruppierungen zu Wort kommen zu lassen. Am Ende auch erbitterte Gegner von Trump in seiner eigenen Partei. Klar wird: Trump wird gewählt, weil er glaubhaft versichert, zurück zu „alten Werten“ zu wollen. Und da zählt nicht nur ein ausgesprochen konservatives Familienbild dazu, sondern auch ein Fokus auf fossile Energiegewinnung. Der Klimawandel wird sich freuen.

Je länger und intensiver Veit die Argumente der Trump-Wählerinnen und Wähler schildert, desto verständlicher wird es. Die politische Elite wird nicht mehr akzeptiert. Und ausgerechnet ein mehrfach wirtschaftlich gescheiterter „Businessman“, der viel eher ein „Showman“ ist, ein gerichtlich verurteilter Rechtsbrecher, gilt als der Retter des amerikanischen Abendlandes.

Das Buch ist sachlich, unaufgeregt, die Autorin nimmt sich zurück, wertet nicht. Es ist ein sehr ernsthafter Versuch, die USA zu verstehen und zu erklären. Es ist ein Buch, das gerade zur richtigen Zeit kommt. Im November werden wir wissen, ob Nr 0047 wirklich die Probleme seines Landes lösen wird, wie seine Fans unerschütterlich glauben. Oder ob vielleicht doch Kamala Harris das Rennen macht. Wie es dann auch so manche Amerikanerinnen hoffen, die wir auf unseren Reisen heuer getroffen haben.

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Foto der Autorin: Philipp Horak

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