SKETCHES ON DUALITY „Spectrum“, 9Star Records VÖ 24. 5. 2019
Das nennen wir ein Hammer-Debut. Die fünfköpfige Partie aus Wien mixt Hip-Hop, Rock und Jazz auf sehr entspannte Art. Vielleicht ist da sogar noch ein bisschen Swing und Blues dabei, anyways. Das Schöne ist, dass man beim Hören jeden Augenblick aufs Neue überrascht wird, es geht dahin wie beim Hasen und beim Igel. Zwischen Relax-Modus und voller Power geht es fröhlich dahin.
Seit 2015 gibt es die Band schon, 2017 erschien die erste EP, nun ist endlich der Longplayer da. Lang erwartet vermutlich von Leuten, die die Sketches schon live gesehen haben. Das soll nämlich ein Erlebnis sein, sagt man.
Die nächste Chance gibt es am 13. Juli beim Rosa Laub Festival in Passau und am 11. August bei den Afrika Tagen in Wien.
LULU SCHMIDT “BiPopularity”, R.O.T. VÖ 14. 6. 2019
„Happy and I hate it“ mit dem wunderbaren Klumzy Tung läuft eh schon auf FM4 rauf und runter. Aber Carola Schmidt, die sich als Musikerin lieber Lulu nennt, gehört in diesem Monat auch hier ausgiebig gefeiert. Sie stammt aus dem mehr oder weniger schönen Waldviertel, lebt heute in Wien und Berlin. Als Performance-Künstlerin hat sie sich einen Namen gemacht, auch in Sachen Film kennen sie Kultur-Aficionad@s. Die elf Songs ihres bipolaren Albums kommen sauberst produziert mit starker Stimme und spannender Instrumentierung daher.
Kopfkino ist angesagt. Nummer 6 „SM“ in der Geigen-Version wird früher oder später wohl auch als Soundtrack verwendet werden. Als Genres werden auf der Website BiPop, Hybrid-Pop, Avant-Pop, Hiphop/Rap genannt. In Wahrheit ist Lulu Schmidt in erster Linie Lulu Schmidt. Wer mehr über eine der spannendsten aktuellen Künstlerinnen dieses Landes erfahren möchte, könnte sich auch ein Ö1-Interview reinziehen.Oder gleich das Video zu „Fire“ ansehen und staunen (Regie: Rupert Höller). Eine große Platte!
Bernhard Eder: „Reset“, monkey. VÖ 10. 5. 2019
Wenn das kein geschmeidiger Übergang ist: Nummer 4 auf dem neuen Album von Bernhard Eder heißt: „Theme for Lulu“, auch wenn wir nicht annehmen, dass der Song Frau Schmidt zugeeignet ist. (Sachdienliche Zuschriften bitte an die Redaktion) Naja und weil schon weiter oben von Pop die Rede war: das da ist im Wesentliches dasselbe Genre und zwar für Edersche Begriffe echt völlig neu aufgesetzt. Nix Gitarre, Heimorgel ist angesagt. Dazu der eh schon immer supere Gesang von Eder.
Fröhlichkeit ist nach wie vor nicht das zentrale Motiv, aber diese Platte klingt jedenfalls völlig anders als alles, was dieser überaus talentierte oberösterreichische Wiener bisher produziert hat. Lounge-Gefühle, Pop wer hätte das für möglich gehalten? Und dann wieder theatralische Momente, die nicht von ungefähr kommen. Der Mann hat in den vergangenen Jahren Bühnenmusik gemacht, wenn auch unbemerkt von einer größeren (Indie-)Öffentlichkeit. „Reset“ ist eine Platte, die man haben muss, wenn man sich für zeitgenössische Musik aus Österreich interessiert, abseits von Amadeus-Awards und sonstigem Klimbim.
SCHMAFU: „SISWISIS“, Hinterhof Records VÖ 7. 6. 2019
Die Schmafus gibt es seit 2015, sie haben den Rap im Gepäck und die Coolness gepachtet. Aber weniger auf weltweit, sondern voll auf wienweit gebürstet. Vielleicht hätte Falco 2019 so geklungen, wenn er sich von Kolonovits & Co. ferngehalten hätte und sich statt dessen in die schummrigen Keller, Clubs und Hinterhöfe der Stadt verirrt hätte.
Die Anfänge der Band liegen gerüchtehalber in einem gescheiterten Slam Poetry Auftritt und einem ebenfalls nicht wirklich geglückten Gruppen-Tinder-Account. Wiener Lied und Funk, das ging schon lang nicht mehr so lässig zusammen. Die geilste Nummer auf einer ohnehin sehr gelungenen Platte ist dann eher rockig-hinterfotzig: „Karteln“, das hat Minimum das Format von Voodoo Jürgens. Also: Platte kaufen und dann locker sagen: „Is erledigt“. Live gibt es die Schmafus im September im Fluc (19. 9.) und in Krems (28. 9.). Aber: WASISMITGRAZHEAST?
DIDI KERN & PHILIPP QUEHENBERGER: „Ha Ha Ha“, Siluh Records VÖ 24. 5. 2019
Didi Kern kennt man von Bulbul, Fuckhead und Gustay, Quehenberger kennt man von Quehenberger oder man kennt ihn nicht. Die beiden legen auf ihrem neuen Album gleich mal mit High-Speed los. Die 140 km/h vom Herrn Verkehrsminister a. d. Hofer sind ein Lercherlschas gegen das, was die beiden da aufführen.
Zwischen Ambient, Techno, Jazz und Pop tun sich da einige hübsche Abgründe auf, die geschwind-geschwind mit Sound zugegossen werden. Die Blicke auf dem Cover sagen eh alles: Grenzenlose Partystimmung. „Ha Ha Ha“. Gesungen wie „Huaaaa, huaaaa, huaaaa“ in feinster DAF-Tradition. Wer so wie wir mittlerweile eine schwere Mavi Phoenix Allergie hat, ist hier genau richtig aufgehoben. Auch zum Nachbarn-Ärgern bestens geeignet. Mit 3 Minuten ist dann auch nichts getan, es dürfen schon mal 5 und ein paar zerquetschte sein. Auch schön: Das ganze gibt es auf Vinyl für die besonders feinen Pinkel unter euch.
GOSPEL DATING SERVICE: „Sun Over Moon“, INK Music VÖ: 7. 6. 2019
Retour in den entspannteren Modus. Christoph Ertl, David Resch und David Ruhmer sind seit 2012 unter dem Signet Gospel Dating Service aktiv, in den Jahren wurde eifrig konzertiert, aber noch recht wenig aufgenommen, dies hier ist die exakt zweite Langspielplatte.
„Terrified of butterflies“ hört man dieser Tage auch schon vermehrt auf dem staatlichen Indie-Radiokanal, dabei ist es unserer Meinung nach eher einer der schwächeren Songs auf der Platte, wenn man das überhaupt so sagen darf. Insgesamt ist das nämlich eine sehr feine Angelegenheit.
Vor allem für Menschen, die keine Angst vor inbrünstig dargebotenem Poprock haben und die dabei sein wollen, bevor die nächste Band aus Österreich abhebt. Das könnte mit GDS tatsächlich passieren. Live gibt es das charmante Dating Service am 6. 6. bei der MQ Hofmusik und am 8. 6. in Linz. Eine ausgedehnte Tour startet dann im Herbst. Anspieltipps Nr. 1 „Modern Millenium“ und Nr. 4 „Flower“.
GRAN BANKROTT: „Gran Bankrott“, Numavi Records VÖ 14. 6. 2019
Zum Abschluss dieser reichlichen Musikernte im Juni gibt es so was wie Tanzmusik auf Bestellung.
Der in Wien lebende DIY-Artist Florian Tremmel hat sein Solo-Projekt Gran beerdigt und macht jetzt als großer Bankrotteur weiter. Post Punk nennt das die Plattenfirma und spricht von Parallelen zu Gang of Four. Ja vielleicht, eventuell aber ist das alles eher eine ziemlich lässige Annäherung an New Wave, speziell die deutsche Spielart. DAF? Schon wieder? Es gibt schlechtere Vorbilder, außerdem könnte auch die Humpe-Band „Ideal“ Pate gestanden sein. Und auf die stehen wir immer noch. Drums, lakonische Da-Da-Texte, elektronisches Gezirpe, Dub-Schleifen. Gerne mal etwas ausführlicher als es das klassische Pop-Format vorschreibt. Klingt seltsam? Nein, das klingt sehr sehr cool. Und wenn eine Platte diesmal völlig aus dem Rahmen fällt, dann diese. Punk kann man nicht kaufen, das Album aber schon. Und zwar auf CD, Vinyl oder zur Not auch als schnöden Download.
Das wars jetzt mit Musik aus Österreich im Juni. Wer tapfer bis zum Ende dabei geblieben ist, der kriegt zum Abschied noch ein schönes Video. Mit einem Haufen Kohle.