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Michael Musalek: “Der Wille zum Schönen I – Als alles bestimmende Naturkraft”, Parodos Verlag 2017


„Denken wir nur an den Zauber des Schönen, der uns nicht nur bezaubert, sondern auch verzaubert, sowohl spürbar für uns wie auch sichtbar für die Anderen. Denken wir ferner daran, wie sehr uns das Schöne dabei hilft, Schwierigkeiten zu meistern, und das nicht nur im Sinne einer wohltuenden Ablenkung, sondern eben auch durch Mobilisierung von Kraftreserven, die uns ohne Schönes zu erleben verschlossen bleiben.“, hält Univ. Prof. Dr. med. Michael Musalek im lange vergriffenen, nun wieder verfügbaren Werk „Der Wille zum Schönen I“ fest und taucht gleichzeitig mit den LeserInnen in die tiefsten Materien und Denkstrategien von Psychologie, Neurologie und Ästhetik ein. In ständiger Begleitung der großen alten Lehrmeister wie Nietzsche, Schopenhauer, Kant, Freud oder Platon formt Musalek eine philosophische „Supergroup“. Diese spielt gemeinsam, kontradiktorisch oder solo ihr literarisches „Konzert der Schönheit“.

Der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Michael Musalek, dirigiert seine Kollegen geschickt, mit viel Gefühl, ohne unnötige Aufregung und auf sprachlich hohem Niveau durch das spannungsgeladene Themenspektrum von Wille, Trieb und Instinkt bis zu Macht, Liebe und Lust. Facettenreiche Denkfiguren und unterschiedliche Zugänge versuchen die Fragen des Lebens, der Liebe und des selbstbestimmten Willens aufzuzeigen und zu beantworten. „Was ist eigentlich schön?“, „Wie empfinden, fühlen oder erfahren wir die Schönheit?“ und „Was verstehen wir unter ‚Èlan Vital’“?


Wer, wenn nicht Musalek, sollte diese Thematik replizieren? Der Mediziner und Primarius am Anton-Proksch-Institut in Wien ist unter anderem Präsident der European Society of Aesthetics and Medicine, verfasste über 250 wissenschaftliche Publikationen und behandelt täglich Abhängigkeitserkrankte von Drogen und nicht stoffgebundenen Suchtformen.
Nach seinen Werken „Ars Medica“ oder „Glut und Asche – Burnout“ ist für Musalek selbst die Ausrichtung seiner neuen Spielwiese „Der Wille zum Schönen I“ die logische Konsequenz seiner philosophischen Denk- und Verhaltensmuster. Darüber lässt sich freilich diskutieren – das macht der Autor auch mit seinen unzähligen Verweisen und Zitaten im Werk selbst. Insofern wird der Disput zwischen „Wille zum Leben“ (Schopenhauer) und „Wille zur Macht“ (Nietzsche) offen aufgezeigt. Bemerkenswert ist auch die wunderschöne Beschreibung zwischen Säugling und Mutter(-brust). Keine leichte Kost, schmeckt aber trotzdem köstlich.


Mit dieser eingefangenen Wahrnehmung, der erzeugten Empfindung und dem transportierten Begehren erreichen die 164 Seiten mehr als so manche Romankomposition. Psychotherapeut Musalek behandelt in diesem Buch nicht nur Themen, sondern auch LeserInnen. Der Wille zum Schönen ist somit nicht nur Kraftquelle und Energiespender, um Schönes zu erfahren und auch zu erzeugen. Er ist mehr der alles bestimmende Grund unserer reflektierten Welt. In Zeiten von permanenter negativer Berichterstattung und hohlem Schlagzeilenjournalismus sind diese Zeilen Balsam für die Seele. „Schönheit rettet die Welt“ meinte schon der russische Schriftsteller Dostojewskij. Sehr geehrte Machthaber in nah und fern: Lest Musalek! 

Text und Foto: aL, Haubentauchers ständiger Gastrezensent

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