Clara Luzia & The Quiet Version: „Horelia“, Asinella Records VÖ 21. 11. 2025
Clara Luzia muss man in Österreich nicht mehr großartig anmoderieren. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass sie sich samt ihren Mitmusiker:innen in zwei Richtungen bewegt. Das hier ist die ruhigere Fraktion, erkennbar am Namen, eh klar.
Judith Ferstl am Kontrabass, Catharina Priemer-Humpel am Schlagzeug, Kaya Meller an der umwerfenden Trompete und die aus Funk und TV bekannte Claudia Kottal an Klavier und Stimme stehen samt der namensgebenden Bandleaderin für einen Sound, der irgendwo zwischen Pop und kammermusikalischen Anklängen bis hin zum Jazz angesiedelt ist. Das Ruhigere steht Clara Luzia gut, auch wenn es live in aufgeregten Zeiten wie diesen wahrscheinlich schwerer zu vermitteln ist. Aber hört euch nur mal die gar nicht so ruhige Weltklasse-Nummer „Dinosaur“ oder das nicht minder supere „The Great Barrier Reef“ an und dann sagt uns, dass ihr diese Platte nicht noch rasch unter die besten des Jahres aus Österreich einordnen würdet.
Wir sind so was von begeistert!
PS: Die Tour startet Anfang März 2026, du hast also noch genug Zeit, die Platte auswendig zu lernen. Foto: Apollonia Theresa Bitzan
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Fuzzman: Fuzzman Go Home. limitiertes 2-Vinyl. Lotterlabel VÖ 31. 10. 2025

Tja, da sind wir jetzt nicht unbedingt flott mit dem Besprechen, aber vielleicht wart ihr noch etwas träger und habt die derzeit laufenden Konzerte des Fuzzman noch nicht besucht. Oder ihr wohnt in Salzburg, München oder gar am Ponyhof in Frankfurt. Dann kommt eure Chance erst. Wir waren im Grazer PPC und zum wiederholten Male hellauf begeistert. Der Herr Zamernik hat eine extrafeine mittelgroße Big Band versammelt und spielt seine größten Hits – und das muss man nicht unter Anführungszeichen setzen. Zwischen Witz, Verve, Rockstar-Gesten, dem Ausflug ins Publikum, Schlagern und Protestsongs rockt sich der Fuzzman durch den Abend und wer sich Fan nennen will, kann sich zur Erinnerung ein grungiges Longsleeve zulegen oder einen hippen Fischerhut. Aber noch besser ist das: Ein Doppel-Album, auf 1000 Stück limitiert, nummeriert mit Gatefold und „Fuzzman Go Home“-Aufnäher für die Jeansjacke. Voller Klassiker, bislang unveröffentlichter Live-Aufnahmen sowie einer Handvoll brandneuer Songs.
Erhältlich bei den Konzerten sowie im Indie-Plattenfachhandel und auf den Kanälen des Labels. Das sollte doch machbar sein für einen der warmherzigsten, humorvollsten, mitreißendsten Musiker dieses Landes. Ja, wir sagen es offen und laut: Fuzzman, bleib noch da. Wir können nicht mehr ohne dich.
Foto: Ingo Pertramer
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Following Footsteps: „in the moment“, session work records VÖ 14. 11. 2025

Karlheinz Miklin jr. kennt man im Grazer Indie-Universum von The Base, tief im Inneren aber ist er halt doch (auch!) ein Jazzer. Mit Gerhard Ornig, Emiliano Sampaio und Hrvoje Kralj hat er drei Kollegen gefunden, mit denen er seine Vorstellungen von Jazz-Kompositionen voll ausleben kann. Die liegen irgendwo zwischen klassischem Aufbau und Modern. Zu hören 2023 auf dem Debut-Album und nun Ende 2025 erneut.
Wie das klingt? Flott, energiegeladen, dann wieder gechillt, vor allem: Lebhaft – denn die Platte wurde live im Mai 2025 im tube’s aufgenommen. Der Groove bringt dich in Bewegung. Die Blasinstrumente und die Drums tun das Übrige. Vom ersten Takt an wirst du entweder swingen oder aber bei den ruhigeren Tracks nachdenklich in die Weite (oder ins Bierglas?) blicken. Und das durchaus ausführlich, den Miklin und Freunde lassen sich Zeit. Die entspannte Nummer 2 „I Think I’ve lost My Point“ hat eine Dauer von drei klassischen Pop-Songs. Insgesamt bekommst du 68 Minuten feinsten Jazz serviert. Von der Klasse dieses Quartetts kannst du dich 2026 dann auch selbst überzeugen. Im Jänner spielen die Footsteps in Völkermarkt, in Radkersburg und in Graz. Mehr gibt es auf following-footsteps.at/
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Vicky Champagne: „High Hopes In Low Places“, pumpkin records, LP/digital, VÖ 19. 12. 2025

Das Label betont extra, dass man die „Informationssparsamkeit“ der Band gut finde. Aus unserer (para-)journalistischen Sicht kann man nur sagen: Danke, ganz lieb. Was wir wissen, es sind drei Menschen aus Österreich, die sich den mehr oder weniger originellen Namen verpasst haben. Auf Bandcamp steht Wien als Wohnort und zwei der Herrschaften dürften Brüder sein. Kommen wir nun zu den wichtigen Dingen: Wie klingt der Spaß? Nach Post-Rock mit reichlich Loops und Hall. Und einem durchgeknallten Synthie zuweilen. Nach Haaren, die ins Gesicht hängen, nach Gitarrensoli, nach einer kräftigen Dosis Weltabgewandtheit. Das ist letztlich ziemlich super, auch wenn wir hin und wieder ein bisschen mehr Speed / mehr Kick in the Ass / vertragen könnten. Zufrieden mit der sparsamen Info?
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Christian Albrecht: Building Castles. Rauschgift Rosie Records, VÖ 12. 11. 2025

Wir haben schon die Platte aus dem Jahr 2022 gelobt. Aber drei Jahre später ist der Grazer Singer-Songwriter mit Sängerknaben-Vergangenheit noch einen schönen Schritt weitergekommen. Mit seiner Band hat er ein reifes Album eingespielt, das er mittlerweile auch im nahen Ausland erfolgreich präsentieren konnte. Erstklassige Stimme. Und zwar nicht nur vom Bandleader, sondern auch die Backing Vocals sind ein Traum. Das ganze klingt gar nicht so sehr nach Passenger, wie es uns der Pressetext erzählt. Das wäre eher eine Superplatte von unserem einstigen Liebling William Fitzsimmons geworden. Und vielleicht geht sich ja irgendwann ein Ausflug über den großen Teich aus. Kleiner Tipp an unsere Friends von Rola Music. Unser Versprechen: Die elf Songs bezaubern dich, wenn du kein ganz böser Mensch bist.
Und nun die Nachrichten: Auch die Release-Show im November ist sich leider nicht ausgegangen, aber es gibt heuer noch eine Chance: Gemeinsam mit dem Wiener Singer-Songwriter Yunger spielt Christian Albrecht am 18. 12. ab 19.30 im Kunstklub Kräftner in der Reitschulgasse 13. Hingehen, wir versuchen es auch.
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„Heasd Hamburg!“ 2 CD, 3 LP, digital, Bader Molden Recordings VÖ 5. 12. 2025

Was haben wir denn hier gerade noch vor Weihnachten? Ein Live-Album, aufgenommen 2024 in der Elbphilharmonie Hamburg. So ziemlich das Beste, was Wien zu bieten hat (plus Marco Wanda), versammelte sich auf Initiative von André Heller in diesem einzigartigen Konzertsaal.
Wie das alles entstand, erzählt Ernst Molden in so eindrücklicher Weise, dass wir auf eine klassischen Plattenkritik hier gerne verzichten wollen. Klar ist: Freunde und Freundinnen, die ihr die Musik aus Wien liebt, das müsst ihr haben!
Wir übergeben an Meister Molden:
„mit dem 24. märz 2024 in hamburg war das folgendermaßen: sagt ein halbes jahr vorher der andré zu mir: mach mir einen wiener musik abend für mein festival in der elbphilharmonie, mit den besten aus wien!
sag ich: ja, aber nur wenn du mitsingst.
sagt er: schauma, wer weiß, ein, zwei lieder. wahrscheinlich eher nicht.
sag ich: geh.
ich ruf an die ursula, die anna, die tini, den marco, den nino, den voodoo. ich ruf an das frauenorchester. ich ruf an die neuen wiener concert schrammeln.
dann sitzen diese besten von wien, die sich selbstverständlich allesamt entschlossen wehren, so genannt zu werden, auf meinem diwan.
kommt der andré dazu, singt ein paar lieder mit. alle weinen vor freude.
sag ich: das wird aber sehr schön, wenn du das in hamburg machst.
sagt er: schauma, wer weiß.
sag ich: geh.
wir proben noch einmal auf meinem, dann einmal auf andrés diwan. alles wird immer schöner. alle sind so leiwand. finden andré und ich.
ich schau ihn fragend an.
sagt er: schauma, wer weiß.
wir sind in hamburg. wir gehen in die elbphilharmonie. wir machen den schönstmöglichen sound in diesem tollen haus, wir proben alles noch einmal, pausieren eine stunde und spielen eine show für zweitausend menschen.
jede und jeder dieser kostbaren künstlerinnen und künstler aus wien, die alle nicht die besten sein wollen, geben ihr bestes. das ist unendlich viel.
andré singt übrigens acht lieder. er hypnotisiert die elbphilharmonie.
dann sagt er zu walther soyka, dem mittlerweile verstorbenen großmeister der wiener knöpferlharmonika: das kann uns niemand mehr wegnehmen.
sag ich: danke, andré. danke, walther. danke, meine freundinnen und freunde.
heasd hamburg!
Foto: Daniel Dittus
Und alle, die so brav bis ans Ende des Textes gelesen haben, bekommen was für die Augen und die Ohren. Den kompletten Live-Mitschnitt als Video.
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