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La Strada Blog 2025: Wie man Gitarren jongliert

Cirque Pardi! „Low Cost Paradise“

Viel französischer kann Zirkus kaum sein. Der Cirque Pardi! knüpft an die große Tradition an, an die Zeit, als das Zelt irgendwo am Rande der Dörfer aufgestellt wurde und die Artistinnen und Artisten wochenlang in den Campingwägen lebten bis hausten. Am Abend, wenn die künstlichen Lichter angingen, dann strömte das Volk hin zu den Zelten und amüsierte sich.

Doch Pardi! geht weiter und mischt diese Reminiszenz mit kraftvoller neuer Anarchie. Die Truppe spielt nicht nur mit Komik und mit Akrobatik, sondern auch mit Stimmungen. Von Depression bis Ekstase sind es oft nur wenige Augenblicke. Apropos französisch: Alle fünf Minuten zündet sich jemand eine Zigarette an. Gibt es auch nicht mehr überall.

Und vor allem das muss man sich erst mal trauen: Schon vor Beginn der Vorstellung wird der Clown aus der Manege geworfen. Zu alt, zu traditionell, lautet der Vorwurf. Das billige Paradies ist rebellisch, laut und kann so einen heruntergekommenen einfältigen Spaßmacher nicht mehr brauchen. Oder wie es in den Presseunterlagen zu lesen ist: „Pardi! presents a Progressive Circus, a tribute to confusion. A cry of joy, shattered by fragility. Armed with beauty and demanding justice, Low Cost Paradise reveals the poetry of reality and the need for fiction. Artists, constructors, and lighting designers create a maelstrom under the big top, elevated by live musicians.“

Ja, die Live-Musik reißt mit. Die Konfusionen – oder sagen wir lieber: die überraschenden Wendungen sind ein tragendes Element. Die Show zeigt klassische Zirkus-Nummern in neuem Gewand. Die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern gerät ins Wanken. Es gibt keinen dominanten Direktor mehr, vielmehr haben die Frauen in weiten Teilen des Geschehens das Heft in die Hand genommen. Nicht alles in diesen 90 Minuten muss man widerspruchsfrei hinnehmen, es gibt mindestens eine Szene, die man auch hätte streichen können. Aber Zirkus ist im Idealfall demokratisch, pluralistisch – und in diesem Fall unberechenbar, voll mit dunklem Humor und atemberaubenden Kunststücken. Carola Aramburu auf dem Trapez in Höchstgeschwindigkeit, da bleibt dem Publikum die Spucke weg. Julien Mandier, musizierend und jonglierend auf dem Rad, Gitarren durch die Luft wirbelnd, das ist großes Kino.  Am Ende großer Applaus und wie gestern in der Oper: Standing Ovations des Grazer Publikums. 

Noch zu sehen am 27., 29., 30. und 31. Juli sowie am 1. und 2. August im Reininghauspark, 8020 Graz. Tickets und weitere Infos gibt es online unter www.lastrada.at 

Foto: La Strada Graz / Cirque Pardi! / © Nikola_Milatovic

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