MINIHORROR. Nach den Kurzgeschichten von Barbi Marković. Schauspielhaus Graz, Schauraum
Wissen Sie, was Sie am Montag, 15. 12. abends machen sollten? Wir wissen es. Sie sollten ins Schauspielhaus Graz gehen. Dort zeigt man mit »Minihorror« einige exemplarische Geschichten aus der preisgekrönten Sammlung einer der spannendsten Autorinnen dieses Landes. Barbi Marković schickt die vom Balkan stammende Mini mit ihrem Freund Miki auf Familienbesuch. Und zwar hüben und drüben, unten und oben.
Das alles spielt sich mitten im Publikum ab. Oder besser: Das Publikum ist Teil der Inszenierung. Keine Angst: Der Mitmach-Effekt hält sich einigermaßen in Grenzen. Aber ein bisschen zeichnen und Obst pressen – oder einfach mal Platz machen – das wird wohl nicht zu viel verlangt sein. Die fünf in der Mitte, die abwechselnd in die Rollen von Mini und Miki schlüpfen, machen das so hin- und mitreißend, dass man das durchaus noch eine Viertelstunde oder mehr sehen hätte wollen. Und das ist bei einer Spielzeit von etwas mehr als 1 Stunde 30 doch ein ausgesprochen gutes Zeichen.
Man sitzt halt auch bequem und kann sich vor Beginn an der Bar ein Getränk holen. Achtung nur: Auf dem Tisch, wo das Bier steht, landet sicher gleich eine Schauspielerin oder ein Schauspieler. Es wird nämlich gelitten, gestritten und sogar gestorben in den Minidramen. Die Mini leidet nachvollziehbar deutlich, weil man sie dauernd fragt, woher sie kommt. Und in der Heimat ihrer Sippe leidet sie auch, denn die Familie geht mit der Auswanderin alles andere als charmant um. Da ist es bei Mikis Umfeld in Niederösterreich doch ein wenig gemütlicher: Es werden Engel gezeichnet, Kekse gebacken und geistreiche Sprüche aufgesagt. Das alles kippt freilich rasch ins Abstruse. Sind die kreuzbraven Menschen womöglich verwandelte Kekse? Warum darf man keine Hunde zeichnen? Was macht die ausgestopfte Katze da? Und irgendwann tauchen Perchten auf mit riesigen Mäusemasken und das ist an sich ja auch kein Spaß. Sie merken schon: In der grotesken Inszenierung mit ernsten Zwischentönen wechselt die Stimmung zwischen Lachen und Betroffenheit. Der titelgebende Horror spielt dabei letztlich nur eine Nebenrolle.
Großes Kompliment an Regisseur Branko Janack, dem es gelingt, den Abend zu einem gleichermaßen unterhaltsamen wie eindrücklichen Erlebnis zu machen. Ebenso großes Lob an die Darsteller:innen, die sich erstaunlich locker durch große Mengen an Text und jede Menge Interaktionen bewegen: Die immer – und zwar wirklich immer – überzeugende Anke Stedingk, Luiza Monteiro, quicklebendig minihaft unterwegs in Crocs, Amelie Steinweiß, dramatisch im Trainingsoutfit und gruselig als Kitzelmonster, Louie Krüger in Bomberjacke und konfus im Kleiderladen, Željko Marović als einer der Mikis, der verzweifelt versucht, Mini zu retten.
Grandioses junges Theater im Schauraum. Sollten Sie nicht verpassen. Am 15. 12. abends – oder halt später.
Weitere Termine am 23.12 sowie 3. 1., 9. 1., 16. 1. 2026, 17. 1. und 29. 1. 2026, Schauspielhaus Graz
Foto: Louie Krüger, Amelie Steinweiß, Željko Marović, Luiza Monteiro, Anke Stedingk / © Lex Karelly