YASMO & DIE KLANGKANTINE: „Augen auf und durch“, Ink Music, VÖ 7. 11. 2025
Yasmin Hafedh ist eine Pionierin des Poetry Slam und das hört man auf dem vierten Album von der ersten Sekunde an. Die Geschwindigkeit auf Track 1 ist beeindruckend bis schwindelerregend. Glücklicherweise geht es auch entspannter zu auf der Platte (Vinyl, CD, digital). Der Hiphop geht mit Big-Band-Jazz eine hin- und herreißende Kombi ein, die groovt und fetzt je nach Anlass. Dazu schmiedet Yasmo Lyrics, die das System noch mal aufrollen. Aber auch die „Friends“ werden nicht vergessen. Ein Album, das dir den November sehr viel schöner und schwungvoller machen wird. Live zum Beispiel hier:
28.11.25 Klagenfurt, Kammerlichtspiele
29.11.25 Graz, Dom im Berg
12.12.25 Wien, Arena
Und in diesem Zusammenhang auch noch Respekt für eine Ansage, die Yasmo vor kurzem auf Insta gestellt hat: „Es ist doch auch Werbung für dich“, ein Plädoyer gegen Ausbeutung von Support-Bands. Samt Angebot, die Klangkantine mit fairem Honorar zu begleiten.
Pressefoto: Anna Sophia Russmann & Kilian Immervoll
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NAKED LUNCH: „Lights (And A Slight Taste Of Death)“, Tapete Records, VÖ 7. 11. 2025

Zwölf lange Jahre sind vergangen und weder die Plattenfirma noch das Publikum hätten wohl noch ernsthaft damit gerechnet, dass Oliver Welter seine Naked Lunch wirklich wieder zu einem Album bringt. Und was für ein Album das letztlich geworden ist!
Wer die Geschichte dahinter kennenlernen will, klickt ab Montag, 3. November 2025, unseren Podcast an. Wer einfach nur die Musik hören will: Auch okay. Euch erwarten 14 Songs, die der Angst und dem Tod trotzen, die der Liebe ein Liebeslied singen. Es ist eine Platte, der man anmerkt, dass sie nicht einfach so ganz nebenbei herausgepresst wurde, sondern Schicht für Schicht, Ton für Ton erarbeitet wurde. Sie macht ihre eigene Zeitrechnung auf und kümmert sich nicht um Konventionen. Und an der einen oder anderen Stelle klingt der Vater wie der Sohn, auch wenn Oliver Welter das im Interview eher komisch fand. Diese Platte fasst nicht nur das Werk dieser Band zusammen, sie ist eine Klammer über ein ganzes Genre, eine Denkweise, eine Haltung. Seelenverwandte Künstlerinnen und Künstler gäbe es hier zahlreich zu nennen, es tut aber nichts zur Sache. Sagen wir es, wie es ist: Kauft euch verdammt noch mal dieses Album. Färbt euren November hellgrau, bringt Licht in eure düsteren Gedanken. Dann kauft euch Konzertkarten. Und nein, nicht alles wird gut. Aber schon einiges ein bisschen.
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BAD IDA: „Ending Things“, Konkord Records, VÖ 31. 10. 2025

Beim ersten Mal haben wir über die Band geschrieben: „Ines Dallaji, Marc Bruckner und Alexander Lausch machen Soul. In Wien. Sachen gibt’s.“ Stimmt natürlich immer noch und was soll man sagen: Das zweite Album setzt sogar noch eines drauf. Große Stimme, geschmeidiger Sound. Und diesmal erscheint die Platte auch im Herbst, wo sie viel besser hinpasst als in den März. Und diesmal können wir sie auch am Tag des Erscheinens besprechen.
Warum hört man diese Band eigentlich nicht viel öfter? Vielleicht weil sie sich einen schönen Platz zwischen mehreren Stühlen gesucht hat. Es ist soulig, poppig, es ist Musik fürs Wohnzimmer oder die Lounge (falls ihr in solchen Lokalitäten verkehrt). Es ist kein Soundtrack für hektisches Nachtleben. Man gewinnt damit eher keine FM4-Awards und wird nicht zum Songcontest geschickt. Das alles ist uns aber nur allzu recht, denn so können wir Bad Ida in kleinerem Kreis genießen. Mit euch, ihr lieben Leserleins. Falls ihr in Wien daheim seid, verpasst nicht die Albumpräsi am 7. 11. in der Sargfabrik.
Foto: Andreas Jakwerth
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SLADEK: „Things Gotta Change“, SLDK Records, VÖ 24. 10. 2025

Bleiben wir gleich beim Soul. Diesmal aber aus Graz. Ja, echt! Im Falle von Sladek darf man sich den Sound im Stil der 1960er vorstellen. S.O.U.L. – oh yes. „Das ist ja cool“, sagt die Mitbewohnerin schon bei den ersten Takten. Recht hat sie. Da standen Curtis Mayfield Pate, Marvin Gaye und andere Größen. Und: Die Sladeks sind zwar ein paar Jahrzehnte später dran, aber verstecken müssen sie sich da nicht, im Gegenteil: Das, meine Lieben, ist Soul oberste Liga. Und wir könnten uns in den Bauch beißen, dass wir die bisher immer verpasst haben.
David Sladek (Vocals, Git. & Keys), Alvis Reid (Bass & Backing Vocals), Raphael Vorraber (Drums, Percussion & Backing Vocals), die großartige Taineh (Keys & Backing Vocals), Mathias Garmusch (Percussion), Tobias Meissl (Vibraphon) und Yvonne Moriel (Querflöte) liefern mit diesem Album ein Highlights des Jahres 2025 ab. Gehört in jede gute Sammlung und vor allem in jeden Plattenkoffer von euch DJs da draußen!
Im März 2026 gibt es die nächste Chance, die Herrschaften live zu sehen. Und zwar im Porgy & Bess. Hier ein Vorgeschmack.
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COFFEE TIME: „Wild Birds“, Pumpkin Records, VÖ 17. 10. 2025

Jan und Nico Kendlinger gehen es gerne ruhiger an. Akustik-Gitarre und Stimme. Zwischendrin mal ein Piano. Streicher. Jeder wilde Vogel wird da verwundert innehalten.
Kein großes Gedöns auch im Netz. Ein paar Postings auf Insta, ein nicht funktionierender Link zu einer Website. Wenn ihr auch die Nase voll habt, von all dem Stress, dann ist das eure Band.
Und eure Platte!
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LUKAS LAUERMANN: „Varve“, col legno, VÖ 24. 10.

Lukas Lauermann? Das ist doch der, den ihr hier schon mal vorgestellt habt oder? Ja und jetzt: Viertes Album. Filmmusik für den österreichischen Kino-Hit „Pfau“, Theater und jede Menge Aktivitäten mit Bands und Solo-Artists. Keywords: Soap & Skin. Wanda. Bis hin zu André Heller.
Lukas Lauermann ist deshalb und überhaupt gar nicht der „stille Star“, als den ihn uns das profil verkaufen wollte. Lukas Lauermann ist einer, der sehr genau weiß, wie leise oder laut er es haben will. Ab 10. 11. ist er Gast in unserem Podcast, kurz danach im Café Wolf in Graz (13. 11.). Und was ist eine Varve? Eine Sedimentschicht, sehr verkürzt gesagt. Wie Jahresringe. Nur nicht für Bäume. Und so folgt das Album einem Konzept, das Natur, Zerfall, Kunst und Klimawandel verbindet. Das ist nicht „easy listening“, sondern konzentrierte Cello-Kunst. Nicht für jede und jeden also, aber für Kenner:innen genau das Richtige.
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CRYSTN HUNT AKRON: „Plasticphonia – Music from the Ocean“, VÖ 24. 10. 2025

Wie klingt Plastik? Crystn Hunt Akron ist eine Künstlerin, die sich zwischen Kunst, Musik, digitalen Medien, Fashion,Tanz und Performance bewegt und sich zugleich gesellschaftlich engagiert. Sie studierte in Linz Jazz- und Popgesang und Musik- und Medientechnologie. Und sie wurde international mehrfach für ihre Arbeiten ausgezeichnet. Ihr erstes Album war 2010 Fat Black Spider und erschien unter dem Pseudonym Madame Humtata. Mit dabei: Ein 80-köpfiges Blasorchester im Teatre Calderón d ́Alcoi. Ihr merkt schon: Crystn Hunt Akron macht keine halben Sachen.
Wie also klingt Plastik? Die Künstlerin, die in Barcelona ihren Lebensmittelpunkt gefunden hat, sammelte mit Umweltschützer:innen Kunststoff aus dem Meer und verwandelte ihn in Musik. Seit 2022 tritt sie mit dem Plastik-Soundtrack auf. Nun hat sie diesen in Album-Form gebracht. Und wie klingt das? Tief und leicht, knarzig und exotisch. Bürsten, Kübel, Eimer, Schläuche und vieles andere werden zu einer treibenden Geräuschkulisse. Der Sound? Ausgesprochen tanzbar. Vielschichtig. Gar nicht trashig. Sondern: Cool!
Dass es eine Vinyl-Version der Platte gibt, ist heiter. Und ganz ernst gemeint: Hoffentlich landet kein einziges Exemplar jemals im Ozean. Es wäre in meerfacher Hinsicht schade. Tschuldigung.
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„SIR“ OLIVER MALLY: „Ol Dogs. Nu Yard“, Limited Edition Vinyl, Blind Rope Records, re-release 2025

„Die Platte versprüht so eine schöne, entspannte Atmosphäre und wenn man sich auf die Musik einlässt (was nicht schwer fällt), dann entführen einen Mally, Moro & Co. in einen ganz eigenen, intimen Kosmos. Der Hörer bekommt die Impression, als sei er bei den Aufnahmen unmittelbar dabei gewesen.“ Das schrieb Joachim „Joe“ Brookes in den Rocktimes schon 2010, aus diesem Jahr stammt die Platte nämlich ursprünglich. Damals war diese Koop zwischen Mally und dem Multi-Instrumenten-Meister Martin Moro schon sehr sehr gut, hatte aber ein Manko: Sie erschien nie auf Vinyl. Daher entschlossen sich Mally und Label-Boss Prof. Dietmar Hoscher die LP in 180 Gramm mitternachtsblauem Vinyl neu aufzulegen. Das ist genauso schön, wie es klingt. Und: Das Ganze wirkt nicht im Geringsten angejahrt. Die Ol‘ Dogs könnten ebenso gut frisch erschienen sein. Qualität altert nicht, Qualität reift.
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FETISH 69: „Purge“, Noise Appeal, re-release 2025

Noch eine Band mit steirischen Wurzeln. Noch eine Neuauflage. Und wieder aus demselben Grund: Das Original gab es nur als schnöde CD. Was natürlich besonders schade war, denn das ziemlich heftige Cover stammt von Joe Coleman und der ist Kult. Die Doppel-LP hat ihren Preis, das ist beim „Sir“ oben auch so. Aber wer möchte bei dieser auf 200 Stück limitierten LP nicht zuschlagen? Zumal Fetish 69, das war ja nicht irgendeine Band. Sondern ein Rohdiamant, eine Art-Industrial-Metal-Goth-Hardcore-irgendwas Mischung vom Feinsten. Es gibt zusätzlich zum fetzigen Original-Material noch einen bisher unveröffentlichten Track. Und es gibt feines Gatefold-Cover für Feinspitze. Lust bekommen? Hier geht es zum Noise-Shop.
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PASTOR GERALD: „Planet der Pfaffen“, Dackelton Records, VÖ 7. 11. 2025

„Du bist heut Morgen aufgewacht mit Schmerzen in der Brust. Hast deinem Freund dann abgesagt, weil du zum Doktor musst. Deine Karre wurd geklaut, dabei bist du schon zu spät. Aus den Rissen in deiner Haut trieft stinkendes Sekret. Endlich im Wartezimmer harrst du der Diagnose. Doch die Schmerzen werden schlimmer und du scheißt dir in die Hose.Während du im Sterben liegst, ruft dein Freund dich an. Will hören, dass du ihn noch liebst, doch du gehst nicht ran.“
Also eigentlich ist die fünfköpfige Pastoren-Partie ja aus dem hohen Norden (Kiel und Umgebung), aber so ein Debut schubst man nicht aus der Sammlung. Astreiner Punk mit markanter Frauenstimme, sauguten Texten („FDP hat Sexverbot“) und so viel jugendlicher Energie, dass es eine reine Freude ist. Schon lange nicht mehr so was gehört, die Platte macht Lust auf mehr. Live gibt es den Pastor derweil nur auf dem Planeten Nord-Deutschland, aber das kann sich ja noch ändern. Und vielleicht seid ihr ja zufällig am 8. 11. in Moers beim Dackelton Festival oder am 20. Dezember im Stellwerk in Hamburg. Wir täten es euch empfehlen!