Ilčo Naumoski: Der letzte echte Typ der Bundesliga. SC ABC-Verlag 2025
Beginnen wir mit dem Titel. Auf Anhieb fallen uns da schon noch ein paar Kerle ein, die in die ohnehin etwas zweifelhafte Kategorie „echte Typen“ fallen würden. Guido Burgstaller etwa, der erst kürzlich seine Laufbahn abrupt beenden musste. Aber gut, Ilco Naumoski war und ist schon wirklich ein spezieller Charakter. Immer dort unterwegs, wo es heiß herging, auf dem grünen Rasen, aber nicht nur dort. Wie zieht er selbst im Pressetext zum Buch Bilanz über seine wechselhafte Karriere: „Ich hätte viel mehr aus mir rausholen müssen, aber ich war jung und deppert. Dafür habe ich erlebt, was andere in 10.000 Jahren nicht erleben. Doch der Preis ist hoch – ich musste meine Karriere früh beenden und kann heute kaum gehen.“
Beim GAK kam er als junger Spieler in den Genuss der ersten Titel, stand mit internationalen Routiniers wie Akwuegbu, Tokic und Bazina am Platz und durfte sich auch mit Zidane fotografieren lassen. Davon zeugen die ersten Seiten im Buch, die voll sind mit Bildern aus dem familiären Umfeld und dem sportlichen Alltag. Für die große Karriere hat es nicht gereicht, wohl aber für eine Schlüsselrolle bei Mattersburg und für Teamspiele im Dress von Mazedonien. Er war als Stürmer ein unangenehmer Gegenspieler für jeden Verteidiger und wechselte von Genie zum Wahnsinn und wieder retour. Das hat sich seither nur bedingt geändert, wie eine kleine Google-Recherche zeigt. Und auch in der Interview-Rallye zu seiner (Auto-)Biographie zeigt er sich nur bedingt lernfähig, wenn er etwa glaubt, über den aktuellen GAK-Coach urteilen zu müssen: „Er war schon als Spieler eine ‚Grätzen‘. Dass eine Sturm-Legende GAK-Trainer ist, ist eine Schande. Ich weiß, dass viele Fans nicht mit ihm glücklich sind.“
Nach der Fotostrecke kommen erst mal Vorworte, etwa von Ex-Kicker Stefan Maierhofer oder von Musiker Monobrother. Dabei werden etliche Charakterzüge von Naumoski durchleuchtet, nicht nur die weniger Glorreichen. So sagt sein Ex-Trainer Srečko Katanec: „Was Ilčo immer ausgezeichnet hat, war sein großes Herz. Wenn er für Mazedonien gespielt hat unter mir, habe ich immer das Gefühl gehabt, dass er für sein Land gestorben wäre. Und auch abseits des Platzes hat er besondere Qualitäten. Ich schätze ihn als guten Menschen, als gute Seele.“
Dann steigen wir ein in das Ende der Karriere als er in einem mazedonischen Stadion zusehen muss, wie seine Knochen eigentlich sogar ohne gröbere Feindeinwirkung buchstäblich zerbröseln. Nach dem Ende kommt der Anfang, das haben sich die Autoren solcher Werke in einem Geheimpakt ausgemacht. Also tauchen wir in die Welt von Oma und Opa ein. Eine kleine Landwirtschaft, Glaube und Aberglaube. O-Ton Naumoski: „Eine Milliarde Euro oder ein Leben in Belo Pole? Ich würde immer Belo Pole nehmen.“ Wer’s glaubt, wird selig.
Dann kommt der Jugoslawien-Krieg und die Familie Naumoski flieht nach Österreich. Der Papa spielt noch im Amateurbereich und arbeitet als Spengler. Die Eltern sind ohnehin kaum zu Hause und Ilco und seine Schwester müssen erst lernen, mit der Großstadt umzugehen. Dann klopft Rapid an und der kleine Ilco landet im grünweißen Nachwuchs. Der Papa stets an der Seitenlinie, oft genug lautstark gegen den Schiedsrichter anbrüllend. Es folgen Lehr- und Wanderjahre. Die Schule, die unfreiwillig beendete Lehre als Fleischhauer, der Weg in den Profi-Fußball. Über Stockerau und Klingenbach zum GAK. Der gerade dabei war, sich mit allen Mitteln ganz nach oben zu orientieren. Der Rest ist Fußballhistorie. Wir wollen hier auch nicht die ganze Geschichte nacherzählen, sondern Resümee ziehen.
Die (Auto-)Biographie, vom Grazer Peter K. Wagner aufgezeichnet, ist abwechslungsreich und turbulent wie das Leben des Fußballprofis Naumoski. Viele Zitate von Trainern und Weggefährten werden eingestreut und am Ende gelingt etwas Erstaunliches: Das Großmaul Naumoski, das letztlich immer ein bisschen zu selbstbewusst war, das sauschlecht mit Geld umgehen konnte und noch schlechter mit Disziplin, eben dieser „echte Typ“, wird einem glatt sympathisch. Bestseller wird das Buch trotzdem keines. Es ist nämlich auf 380 Stück limitiert.
Buchpräsentation in Linz:
Donnerstag, 15. Jänner 2026, 19 Uhr
Chelsea Pub, Domgasse 5, 4020 Linz
Buchpräsentation in Graz:
Freitag, 16. Jänner 2026, 19 Uhr
Literaturhaus, Elisabethstraße 30, 8010 Graz