Die Tragödie von Romeo & Julia.
Nach William Shakespeare.
Schauspielhaus Graz
Das Stück ist eines der bekanntesten der Theatergeschichte. Und wer es heute auf die Bühne bringt, muss dafür gute Gründe haben. Sowie? Eine Inszenierung, die ganz schön deutlich aus dem Rahmen fällt.
Das Grazer Schauspielhaus hat mit Regisseur Emre Akal und mit dem Künstlerduo Mehmet & Kazim drei Menschen engagiert, die den Rahmen nicht sprengen wollen, sondern innerhalb des Stoffes neue Dimensionen eröffnen. Es sieht aus wie im Reich des Gargamel (für alle, die die Schlümpfe kennen). Alles ist schwarzweiß. Die Möbel, die Leuchten, die Menschen. Die Farblosigkeit wird immer wieder mit Phasen der Sprachlosigkeit verbunden. Dann werden, einem Mantra gleich, die immer selben Sätze hervor gepresst. Übrigens: O-Ton Shakespeare. Eine wichtige Rolle spielt das Sound-Design. Und die gute alte Drehbühne, eh klar.
Emre Akal bringt das Geschehen gespiegelt auf die Bühne. Die Synchronizität erfordert von den Schauspieler:innen höchste Genauigkeit – vom Text über die Gestik bis zur Mimik. Bestechend insbesondere das eiskalte Zusammenspiel von Julias Mutter (Luisa Schwab) und Romeos Vater (Franz Solar). Hingebungsvoll die beiden Verliebten (Luiza Monteiro und Mario Lopatta). Und diszipliniert bis zum bitteren Ende Anke Stedingk als Amme, Anna Rausch als Benvolio, Anna Klimovitskaya als Tybalt und László Branko Breiding als Mercutio. Dass sie für ihre herausragenden Leistungen am Ende des Premierenabends nur verhaltenen Applaus erhalten, gehört zu den himmelschreienden Ungerechtigkeiten, die man im Theater halt auch zuweilen erleben muss.
Aber kommen wir noch mal zurück zur Inszenierung.
Mehmet & Kazim haben für das Szenario jede Menge Dinge entworfen und mit Hilfe des Schauspielhaus-Teams auch gebaut. Besteck, Tische, Fenster und Türen, die Wände der beiden Familienhäuser. Es sieht alles recht schlumpfig aus, zugleich aber bedrohlich und düster. Es regnet andauernd und der Vollmond lässt sich nur zwischendurch blicken. Und dann werden nicht nur die Farben weggelassen, sondern auch die Kleidung. Skandal!
Nur keine Aufregung, liebes Grazer Publikum. Die Schauspieler:innen stecken in Nackt-Kostümen und das sollte euch eigentlich auch gleich auffallen. Denn selbst die eine oder andere Frau hat hier plötzlich ein Gemächt. Nach einer heißen Dusche geht es dann bald hinauf zur berühmten Balkon-Szene. Und plötzlich färbt sich nicht nur der Himmel rosarot, auch Romeo & Julia erscheinen in pink. Ach wie schön ist die Liebe, doch der Hass ist am Ende stärker. Tybalt und Mercutio sterben im Duett. Am Ende nehmen die verzweifelten Romeo und Julia noch einen finalen Schluck. Und aus die Maus.
Es gibt Abende, an denen muss man das Stück kritisieren. Und es gibt andere Abende, an denen kann man sich über die schauspielerischen Leistungen oder das Bühnenbild echauffieren. Nichts davon aber ist bei dieser Aufführung von Nöten. Die vereinzelten Buhrufe mögen dem verstockten Teil des Premierenpublikums im Halse stecken bleiben. Was wollt ihr, liebe Leute, einen Shakespeare wie anno 1595?
Reden wir Klartext.
Es ist ein grandioses Theatererlebnis. Daran gibt es nichts zu rütteln. Ja, die 100 Minuten ziehen sich ein wenig, aber die Entschleunigung hat auch ihre Berechtigung. Kurz gesagt: Dieses Stück wird – davon sind wir überzeugt – bei einem jüngeren und aufgeschlosseneren Publikum sehr sehr gut ankommen.
Die nächsten Termine: 22. 10., 23. 10., 29. und 31. 10. 2025. Infos & Tickets: schauspielhaus-graz.buehnen-graz.com
Foto: Mario Lopatta, Luiza Monteiro, © Lex Karelly