Ilse Kilic: Alter Ego. Mutprobe mit Zugaben. Ritter Verlag 2025
Das heurige Jahr war bislang ein gutes für den Ritter Verlag. Mit Max Höfler und der späteren Gewinnerin Natascha Gangl war man beim Bachmann-Preis präsent. Und etliche spannende Neuerscheinungen beleben den Herbst. Datunter auch „Alter Ego“ von Ilse Kilic, ein ungewöhnliches Buch über die Vergänglichkeit.
Die Wiener Autorin lässt nämlich ihre schon öfter literarisch eingesetzte Figur Mimi La Whipp „voraus altern“. Irgendwann gegen Ende hin ist Mimi bereits Mitte 80 und hat mit ihren Begleitern wie dem Später Immer Dung oder dem Wunderbar-schrecklichen Nochmal, Nochmal eine abwechslungs- und erkenntnisreiche Zeitreise erlebt. Ein paar Joker hat die Autorin ihrem Alter Ego mit auf diesen Weg gegeben, aber davon weiß Mimi gar nichts. Und damit dieser spielerisch-philosophische Text weiter an Tiefe gewinnt, streut die Autorin reichlich Zitate von Dichterinnen und Denkern (oder umgekehrt) ein. Auf bildlicher Ebene wird das alles noch erweitert mit schlauen kleinen Zeichnungen.
Alle werden wir älter, aber niemand von uns hat die Chance, jemanden für sich „probealtern“ zu lassen, die zunehmende Gebrechlichkeit genau zu studieren, die Vor- und Nachteile des Reife- und Alterungsprozesses im Detail zu erkennen. Ilse Kilic, eine umtriebige Künstlerin mit beeindruckendem Gesamtwerk, lässt uns Teil haben an einem Experiment, bei dem es keinen „Point of Return“ gibt. Menschen, die Bücher lieben, werden bei der Lektüre auf viele neue Spuren stoßen. Wer hingegen simpel gestrickte Narrative sucht, wird leicht überfordert sein. Bewundernswert, wie die Autorin – und letztlich auch der Verlag – diese künstlerische Mutprobe unternehmen. Wer anderen beim Altern zuschauen und zuhören will, wird mit diesem Buch eine große Freude haben.