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Punkbuch des Monats

Martin Murpott: „going underground – Willkommen im toten Graz“. DIY-Pott 1-1 2022

 „Über den Regalen war das Gemäuer mit haufenweise Fresken bemalt, die verschiedenste Ereignisse der Weltgeschichte zeigten. So unter anderem den Unfall von Niki Lauda am Nürburgring, die Kreuzigung Jesus Christus, die Schlacht bei Königgrätz und die bis dato einzige Meisterfeier des Grazer Athletik Sportklub in der österreichischen Fußballbundesliga“, schreibt der Grazer Fußball-Punker, Autor und DJ Martin Murpott (realer Name der Redaktion bekannt) in seinem literarischen Höllenritt (und retour) namens „going underground – Willkommen im toten Graz“.

Murpott ist (der vielleicht letzte echte) Punk in der Stadt – und das dann auch noch mit Herz und Hirn. Er hat seine Wurzeln in der obersteirischen Arbeiterbewegung nie abgelegt, war auch mal Kellner, Elektriker, ist inzwischen Master der Sozialwissenschaften und schrieb in den letzten Jahren Fanzine-Beiträge, Kurzgeschichten und Bücher. „going underground – Willkommen im toten Graz“ ist sein Krimidebüt, das im Jenseits wie im Diesseits der steirischen Landeshauptstadt spielt und durch Fantasie, Geschwindigkeit, Humor und permanente Mittelfinger-Attitüde überzeugt. Außerdem hat er das Buch selbst veröffentlicht: „D.I.Y or die!“ sozusagen.

Das 328-seitige Werk bildet eine skurrile, rasante und zugleich überraschende Lektüre in verrauchter Atmosphäre, die den Hauptdarsteller Robert Ziegenstätter nach seinem überraschenden Tod durch ein herabstürzendes Klavier in der Grazer Herrengasse ins Jenseits (und wieder zurück) begleitet. Auf subtile und ironische Weise schafft es der Autor, den Blick auf seine Welt aus Sicht eines Punk-Poeten in unkonventioneller Sprache zu vermitteln. Die Leser*innen erfahren, wie sich Murpott hier mit Grazer Fußballrivalität, korruptem Polizeimilieu und mysteriösen Geheimbünden auseinandersetzt, und beschreiten dabei den schmalen Grat zwischen Realität und Ewigkeit. Es ist eine literarische Achterbahnfahrt zwischen Indiana Jones, Avengers und Mission Impossible, die durchschüttelt, wachrüttelt und dich am Ende mit einem Bierrülpser in die Ecke spuckt. Wer sich u. a. schon immer die Fragen gestellt hat, wie Hooligan-Krawalle Energie erzeugen können, warum zu viel Beton und zu wenig Gras diese Stadt kaputt machen oder wie sich der Grazer Bürgermeister Siegfried Hammer verliebt, findet hier – fiktionale und fantasiebasierte – Antworten.

„going underground …“ orientiert sich an den Stärken von Martin Murpott: Er ist ein fabelhafter Erzähler. Der Krimi ist surreal, chaotisch – und auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Für Leser*innen und Freund*innen der schrecklich-schönen Stadt Graz, gepflegter Fußballkultur (#stadtklubliebe) und grundsätzlich für Menschen, die Geschichten mit Überraschungen mögen. Und wann bekomme ich endlich diesen Hit aus dem Ohr? „Kaputtes Graz, totes Graz – macht wie immer keinen Spaß!“

Punk(t)!

Bild und Text: aL November 2022

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